Forschung aktuell
Optische Dilatometer erfassen Dimensionsänderungen von Probekörpern als Funktion der Temperatur und Zeit. Sie finden ebenso wie Erhitzungsmikroskope vielfältige Anwendungen in der Werkstoff- und Prozessentwicklung. So lassen sich Sintervorgänge und das thermische Ausdehnungsverhalten insbesondere von anisotropen und fragilen Materialien sowie von Proben mit komplizierten Geometrien untersuchen. Das Benetzungs- und Spreitungsverhalten kann auf unterschiedlichsten Substraten erfasst werden. Dies umfasst die optische Messung des Kontaktwinkels und die Bestimmung der Oberflächenspannung bis in den Hochtemperaturbereich, aber auch die Messung von viskosen Glaseigenschaften. Weiterhin sind Untersuchungen zur Kontaktkorrosion zwischen metallischen und Glasschmelzen, Schlacken sowie Ascheschmelzen im Kontakt mit keramischen und metallischen Werkstoffen möglich. Von Bedeutung ist zudem die Charakterisierung des Infiltrationsverhaltens bspw. von metallischen Schmelzen in keramischen Werkstoffen. Konventionelle optische Dilatometer bzw. Erhitzungsmikroskope sind für Untersuchungen in Luft bzw. Atmosphären ausgelegt, die relativ hohe Sauerstoffgehalte besitzen. Für die Analyse von Prozessen im Hochvakuum oder in hochreinen Atmosphären wurde im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten AiF-ZIM-Projekts des Fraunhofer IKTS mit der Linseis Messgeräte GmbH ein optisches Dilatometer für Temperaturen bis 1600 °C entwickelt, das im Hochvakuum (ca. 5*10-5 mbar) arbeitet und Sauerstoffgehalte in dynamischen Atmosphären (Normaldruck, ca. 5 l/h Argon) von ca. 0,5 ppm erreicht. Ein typisches Anwendungsgebiet der optischen Dilatometrie ist die Charakterisierung von Fügeprozessen von Keramik- Keramik- und Keramik-Metall-Verbindungen durch Aktivlöten. Hier ermöglichte das neu entwickelte optische Dilatometer Untersuchungen zum Aufschmelz- und Benetzungsverhalten auf keramischen Substraten von Lotwerkstoffen mit sauerstoffaffinen Lotbestandteilen wie Titan. Im konventionellen Erhitzungsmikroskop tritt dagegen auf Grund des vorhandenen Restsauerstoffs eine oberflächliche Oxidation auf, die eine Benetzung des Substrats mit dem Lot behindert bzw. das experimentelle Ergebnis verfälscht. Durch die neu gewonnenen experimentellen Möglichkeiten kann ein wesentlicher Beitrag zum grundlegenden Verständnis und zur Entwicklung und Optimierung von Fügeprozessen geleistet werden.