Silicium und LTCC-Keramiken werden erfolgreich in der Mikrosensorik und Mikrosystemtechnik eingesetzt. Durch die Integration beider Materialien in Gesamtsysteme können Mikrosysteme mit einer deutlich höheren Komplexität und größeren Anwendungsbereichen geschaffen werden. Die in der Mikrotechnik genutzten Verfahren wie Fotolithografie, Mikrostrukturierung, Dickschicht- und Dünnschichttechnik sowie Aufbau- und Verbindungstechnik lassen sich auf beide Materialien vorteilhaft anwenden, so dass effiziente Fertigungsmöglichkeiten von Mikrosystemen in unterschiedlichen Stückzahlbereichen realisiert werden können.
BGK-Folie
Das Fraunhofer IKTS hat mit seinen BGK-Folien ein spezielles LTCC-Material entwickelt, das bezüglich des thermischen Ausdehnungskoeffizienten an Silicium angepasst und somit für das anodische Bonden mit Silicium geeignet ist. Hierbei wird der final prozessierte und gesinterte Multilayer anodisch zu Silicium gebondet.
BCT-Folie
Für die patentierte SiCer-Technologie, bei der ein dünner Silicium-Wafer und eine LTCC-Keramik bei 900 °C hilfsstofffrei mechanisch und elektrisch miteinander verbunden werden, hat das Fraunhofer IKTS mit seiner BCT-Folie ein besonderes LTCC-Material entwickelt. Beim Sintern der BCT-Folien auf dem Siliciumwafer kann eine laterale Schrumpfung komplett unterbunden und somit eine hohe Passgenauigkeit zwischen Keramik und Silicium erreicht werden. Damit lassen sich Strukturen und Bauelemente weiter miniaturisieren.
Derzeit entsteht ein zunehmender Bedarf, die Miniaturisierung und Funktionalisierung elektronischer Schaltkreise vom Chip-Level auf die nächst höhere Integrationsebene zu übertragen. Die keramische LTCC-Technologie stellt ein Packaging-Konzept dar, mit dem elektronische Baugruppen hoher Integrationsdichte, mikrofluidische Systeme oder modulare elektrochemische Zellen aufgebaut werden können. Kernstück sind keramische LTCC-Folien, die im Grünzustand mit Dickschichtpasten metallisiert, gestapelt und laminiert werden. Diese komplexen Mehrlagenaufbauten werden bei etwa 900 °C einem finalen Co-Sinterprozess unterzogen, wobei ein keramischer Monolith entsteht. Am IKTS entwickelte LTCC- Folien finden Einsatz in Vor- und Kleinserienprodukten.
Keramische Folien auf Basis von Al2O3-, ZrO2- und TiO2-Materialien stellen die Grundlage für Substrate mit definierter Porosität dar. Anwendung finden diese als Supportmaterialien in der Filtrationstechnik und Gasseparation. Sie können für die Herstellung asymmetrisch aufgebauter Membranen mit einstellbaren Porendurchmessern zwischen 3 µm und < 1 nm verwendet werden. Ein Upscaling der Membranpräparation bis in den industriellen Maßstab ist möglich.
Aufgrund des anerkannten Gefährdungspotenzials von organischen Lösemitteln und Phthalaten als Weichmacher für Umwelt und Gesundheit und der zunehmend verschärften Gesetzgebung (ROHS/REACH) gibt es Bestrebungen, die eingesetzten Gießschlickersysteme durch lösungsmittelfreie Alternativen abzulösen. Ein großes Potenzial besitzen hierbei UV-härtende Schlickersysteme. Untersuchungen mit keramischen Modellsubstanzen haben gezeigt, dass UV-härtende Bindersysteme zur Substitution konventioneller, lösungsmittelbasierter Systeme applikationsabhängig geeignet sind.
Transparente keramische Werkstoffe bieten mit den möglichen speziellen optischen Parametern in Kombination mit den typischen keramischen Eigenschaften wie hoher Härte, chemischer und thermischer Beständigkeit oder elektrischer Isolation interessante Alternativen zu bekannten optischen Gläsern oder Einkristallen. Transparente Folien finden Einsatz als Trägermaterialien für das sich gegenwärtig im Bereich der Biophotonik stark entwickelnde Analyseverfahren der Raman-Spektroskopie.
Für die Miniaturisierung von Aktuatoren für mikromechanische Systeme, die Mikrosystemtechnik oder magnetische Längen- und Winkelmesstechnik stellen permanentmagnetische Dickschichten aus hochremanentem NdFeB mit der hartmagnetischen Phase Nd2Fe14B eine interessante Lösung dar.
Hierfür werden kommerzielle NdFeB-Pulver als Ausgangsmaterial verwendet und unter Zugabe eines thermisch härtenden Bindersystems und Weichmachern zu Foliengießschlickern verarbeitet. Damit lassen sich Grünfolien mit einer Schichtdicke von 100–500 µm realisieren. Nach der thermischen Härtung weisen die Schichten – in Abhängigkeit vom verwendeten NdFeB – Remanenzen von bis zu 500 mT und eine Koerzitivfeldstärke von 600–800 kA/m auf. Die Schichten können im Anschluss mehrpolig magnetisiert werden.
Leistungsfähige Li-Ionen-Batterien erfordern kosten- und energieeffiziente Fertigungsverfahren für die Batterieelektroden. Foliengießtechnologien haben hierbei ein enormes Potenzial. Das IKTS verfügt über Erfahrungen zur Beschichtung von Metallfolien mit Aktivschichten mittels Doctor-Blade-Verfahren und Schlitzdüsenbeschichtung. Die Kernkompetenz liegt in der Herstellung von Schlickern aus Aktivpulvern mit reproduzierbaren Fließeigenschaften. Darüber hinaus sind auch Entwicklungen im Anlagenbereich essentiell. Mit modernen Foliengießanlagen ist es möglich, Aktivmaterialien auf metallische Trägerfolien aufzubringen und gleichzeitig zu trocknen sowie große Flächen kontinuierlich zu beschichten (Bandbeschichtung). Der Fokus der Entwicklungs- und Dienstleistungen liegt auf Versuchen zur Material- und Technologieoptimierung (z. B. Stromabnehmermaterialien, Gieß- und Trocknungsparameter) sowie der Erarbeitung von Upscaling-Prozessen.
Die keramische Multilayer-Technologie ist eine interessante Option, um transversale thermoelektrische Generatoren zu miniaturisieren und in Serie zu fertigen. Dafür werden Ca3Co4O9-, La2CuO4- und CaMnO3-Pulver zu Grünfolien verarbeitet und über Siebdruck metallisiert. Die Metallschichten werden dabei in einem bestimmten Winkel zur Wärmestromrichtung gedruckt, um anisotrope thermoelektrische Eigenschaften zu erzeugen. Die transversalen mehrschichtigen thermoelektrischen Generatoren (TMLTEG) eignen sich für den Einsatz in autonomen Sensorsysteme mit einem geringen Stromverbrauch.