Die elektrochemische Materialcharakterisierung ist Grundlage für ein umfassendes Verständnis der ablaufenden elektrochemischen Prozesse im Inneren der Lithium-Ionen-Batterie. Dafür verfügt das Fraunhofer IKTS über ein umfangreiches Repertoire elektrochemischer Methoden und ergänzender Messverfahren zur Bestimmung der Kapazität, Zyklenfestigkeit, Zellspannung und Impedanz von Elektrodenmaterialien für Batteriespeicher.
Insbesondere komplementäre In-operando-Messmethoden sind ein Entwicklungsschwerpunkt am Fraunhofer IKTS. Dabei werden elektrochemische Untersuchungen mit spektroskopischen, gravimetrischen oder Temperaturmessmethoden gekoppelt, um detaillierte Informationen über die ablaufenden Vorgänge während des Ladens und Entladens von Speichermaterialen zu gewinnen.
Gerade diese komplementären Untersuchungsansätze erlauben Korrelationen zwischen elektrochemischem Werkstoffverhalten und den Materialeigenschaften der einzelnen Batteriebestandteile. Das detaillierte Verständnis kinetischer und thermodynamischer Vorgänge in Abhängigkeit des Ladezustands, der Zyklenzahl und der Temperatur offenbart konkrete Optimierungsansätze und eröffnet damit vielfältige Möglichkeiten der zielgerichteten Werkstoffentwicklung und Design-Optimierung.
Elektrochemische Charakterisierung von Elektrodenmaterialien und Aufklärung von Reaktionsmechanismen
Mit der Charakterisierung von Zellperformance (Leistungsdaten) und Lebensdauer (Zyklen, kalendarisch) von Laborbatteriezellen lassen sich Material- und Technologieentwicklungen geeignet beurteilen. Darüber hinaus können die gewonnenen Informationen auch zur Bewertung oder zum Vergleich von Performance und Einsetzbarkeit unterschiedlicher Zelltypen im Zusammenhang mit Post-Mortem-Analysen oder zur Gewinnung von Simulationsparametern genutzt werden. So führt das Fraunhofer IKTS gezielte Leistungstests zur Untersuchung des Lade- und Entladeverhaltens besonders bei unterschiedlichen Temperaturen durch, woraufhin der Innenwiderstand der Zelle optimiert werden kann.
Im Rahmen von Lebensdauertests kann eine große Bandbreite an definierten Lastzyklen aufgeprägt und durch Auslagerungsversuche bei unterschiedlichen Temperaturen ergänzt werden. Auf diese Weise ist es möglich, nicht nur Informationen zur Zyklenstabilität, sondern auch zur Langzeitstabilität der Akkumulatoren zu gewinnen.
Moderne Batterieprüfstände am Fraunhofer IKTS erlauben den Test und die Charakterisierung von vollständigen Zellen bis zu einer Kapazität von 40 Ah mittels Strom-Spannungsmessungen und Impedanzspektroskopie sowie applikationsspezifischen Lastzyklen.
In der sogenannten Post-Mortem-Analyse werden ermüdete oder fehlerhafte Batteriezellen unter Schutzatmosphäre zerstörungsarm geöffnet und hinsichtlich Alterungseffekten, Degradation oder Fehlermechanismen untersucht.
Dadurch lassen sich der Einfluss von Material- und Technologieentwicklungen bzw. spezifische Betriebsbedingungen hinsichtlich der Alterungseffekte erforschen. Dabei können unter Schutzatmosphäre Proben für eine anschließende strukturanalytische Charakterisierung gewonnen werden. Anhand derartiger Proben ist es auch möglich, die Einzelelektroden wiederum zu Knopfzellen zu verbauen und gesondert elektrochemisch zu charakterisieren, um beispielsweise den Lithium-Verlust im Speichermaterial zu betrachten.
Ein zweites wesentliches Anwendungsfeld der Post-Mortem-Analyse ist die gezielte Untersuchung von Fehlermechanismen in havarierten Zellen. So können im Kundenauftrag Fertigungsfehler und Ursachen für Batterieversagen analysiert werden. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die Wechselwirkungen zwischen Zelldesign, Systemintegration und Betriebsmodus ziehen und das thermische Batteriemanagement optimieren.
Eine wesentliche Voraussetzung für den sicheren und langlebigen Betrieb von Lithium-Ionen-Batterien ist ein ausgereiftes thermisches Management, da zwischen den thermischen und elektrochemischen Prozessen starke Wechselwirkungen auftreten. Einen wichtigen Aspekt bildet dabei die Vermeidung von lokaler thermischer Überlastung im Inneren der Batterie.
Hierfür werden moderne Simulationswerkzeuge genutzt, die die detaillierte Analyse des Einflusses von konstruktiven Details (Windungskörper, Gehäuse, Kontaktstrukturen) und materialspezifischen Parametern auf das thermische Verhalten im Inneren von Lithium-Ionen-Zellen während des Betriebs erlauben. Sie bieten damit die einzigartige Möglichkeit, einen virtuellen In-situ-Einblick in die Verhältnisse im Inneren von Batteriezellen zu erhalten, die im realen Betrieb direkter Beobachtung kaum zugänglich sind.
Mögliche konkrete Anwendungen dieser Simulationsmodelle ergeben sich neben der Batterie-Design-Optimierung, z. B. als »Virtual Battery Lab«, zur Spezifikation der Betriebsgrenzen von Zellen in Hochleistungsanwendungen sowie zur Kalibrierung weniger detaillierter, echtzeitfähiger Lithium-Ionen-Batterie-Modelle.