Fraunhofer IKTS Dresden entwickelt »μPCR«-Hochleistungsmodule für die schnelle thermische Zyklierung biologischer Proben
Kompakte keramische Temperaturwechsler für beschleunigte Corona-Labortests
Die Corona-Pandemie hat das weltweite Interesse an schnellen und dennoch zuverlässigen Virentests stark wachsen lassen. Das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS hat nun innovative »μPCR«-Labormodule entwickelt, um die »Polymerase-Kettenreaktion« (Polymerase Chain Reaction, kurz: PCR) für derartige Tests deutlich zu beschleunigen. Dabei werden schnelle Temperaturwechsel für die Proben benötigt, die durch eine Kombination aus Keramik-3D-Druck und aufgebrachter Elektronik möglich werden.
»Mit dieser Lösung wollen wir dazu beitragen, dass auch über die Pandemie hinaus für die Gesundheit der Bevölkerung wichtige PCR-Verfahren weiter zu beschleunigen und noch verfügbarer zu machen«, betont IKTS-Leiter Prof. Alexander Michaelis.
Hintergrund: Wenn mehr Genauigkeit als bei den handelsüblichen Schnelltests gefragt ist, setzen Labore die PCR-Technik ein, um Erbgut des Krankheitserregers aus Nasen- und Rachenschleimproben zu vervielfältigen und anzureichern. Dadurch lassen sich im nächsten Schritt selbst kleinste Mengen von Corona-Viren leicht und eindeutig nachweisen. Damit aber zunächst die anreichernde Kettenreaktion immer neue Erbgut-Kopien hervorbringt, durchlaufen die Proben eine Art »Wechselbad der Temperaturen«: Die Laborgeräte müssen die Reaktionsgefäße abwechselnd auf bis zu 96 Grad Celsius erhitzen und dann wieder auf 55 Grad oder weniger abkühlen. Und diese Prozesse sind in einem genau vorgegebenen Regime zirka 30 Mal zu wiederholen. Je nach Testvariante dauert das etwa vier bis sechs Stunden.
3D-Drucktechnik und aufgebrachte Heiz-Elektronik kombiniert
Die IKTS-Teams um den Elektrotechniker Dr. Lars Rebenklau und den 3D-Druck-Experten Dr. Uwe Scheithauer haben nun aber eine vielversprechende schnellere Alternative entwickelt. Um ihre μPCR-Module herzustellen, setzen sie additive Fertigungsverfahren ein. Auf industriellen 3D-Druckern wird zunächst eine keramische Hülse mit integrierten Kühlkanälen realisiert. »Durch unsere additive Fertigung sind selbst diese komplexen Formen kein Problem mehr, die mit herkömmlichen Methoden gar nicht oder nur sehr aufwändig und teuer herzustellen wären«, sagte Uwe Scheithauer. Den so erzeugten »Grünling« brennen die Forscher dann bei über 1000 Grad zu einer festen und sehr strapazierfähigen Keramik. Im Anschluss drucken sie auf diesen Grundkörper metallische Spiralmuster, die später als Heizkörper dienen, und brennen sie bei 850 Grad ein. Elektrische Anschlüsse und Kühlmittel-Schläuche komplettieren schließlich die kompakten μPCR-Module.
Diese Aggregate haben derzeit etwa 15 Millimeter Durchmesser und sind zirka 45 Millimeter lang. Sie sind gleichermaßen Mini-Ofen wie auch Mini-Kühlschrank: Binnen weniger Sekunden bringt die aufgedruckte Heizelektrik die eingesteckten Probengefäße auf die gewünschten Temperaturen. Ähnlich rasch kühlt dann gasförmiger Stickstoff, der durch die integrierten 3D-Kühlkanäle strömt, die Proben wieder herunter. Die einzelnen Module lassen sich zudem zu größeren Matrix-Verbünden koppeln, um viele Proben auf einmal zu analysieren. Konsequent weiterentwickelte und serienreife Anlagen auf μPCR-Basis könnten dadurch die PCR-Analysen in Zukunft weiter beschleunigen, schätzen die IKTS-Wissenschaftler.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten eröffnen sich
»In der Kombination aus additiver Fertigung, Dickschichttechnik und anderen keramischen Technologien sowie einfacher Bauweise entstehen hier besonders langlebige, kleine und dennoch leistungsstarke PCR-Module«, erklärt Dr. Lars Rebenklau. Zudem ist eine automatisierte Großproduktion möglich. Leistungsfähigere Kühlmittel und weitere Verbesserungen an der gedruckten Elektronik könnten den PCR-Prozess weiter beschleunigen. Gegenwärtig wird daran gearbeitet, die entwickelten Module weiter zu verkleinern, um so die Temperaturabläufe noch weiter zu reduzieren. Diese extrem leistungsstarken und schnellen keramischen Heizungen eignen sich auch für andere medizintechnische Geräte, Anwendungen in der Prozesstechnik sowie viele weitere Einsatzszenarien – vor allem wenn hohe Temperaturen oder harsche Bedingungen vorherrschen. Das IKTS sucht nun nach Unternehmen, die diese Technologien nutzen möchten, um die Funktionalität der eigenen Produkte signifikant zu erweitern.