Günstige Windenergie dank automatisierter Wartung
Der Ausbau von Windenergieanlagen an Land stockt. Das liegt vor allem an zu wenig geeigneten Flächen und Protesten von Anwohnern. Eine Alternative sind Windenergieanlagen auf hoher See – allerdings ist die Erzeugung von Offshore-Energie derzeit noch viel teurer als an Land. Das liegt auch an den höheren Wartungskosten. Am Fraunhofer IKTS wurde ein Messsystem entwickelt, dass an der Gründungsstruktur von Offshore-Anlagen fest installiert wird und diese dauerhaft überwacht. Das reduziert den Aufwand für kostenintensive Vor-Ort-Einsätze und damit die Wartungskosten.
2018 kostete eine auf See erzeugte Kilowattstunde Windstrom mit durchschnittlich elf Cent fast doppelt so viel wie eine an Land generierte. Zu den größten Kostentreibern gehören die Wartungskosten. Der Gesetzgeber fordert hier, dass mindestens 25 Prozent der Anlagen eines Windparks pro Jahr gewartet werden. So muss rein rechnerisch jede Windkraftanlage alle vier Jahre kontrolliert werden. Vor allem die Prüfung der metallenen Verankerungen am Meeresgrund, der sogenannten Gründungsstrukturen, ist aufwändig und gefährlich.
Riskante und teure Einsätze vor Ort vermeiden
Für die Wartung müssen Techniker und Material mit Schiffen zur Anlage gebracht wer-den. Voraussetzung für den Transport und die notwendigen Unterwassereinsätze sind geeignete Wetterbedingungen, die nur an wenigen Tagen im Jahr tatsächlich gegeben sind. Zudem sind die Kosten für Schiffsmiete und Taucheinsätze sehr hoch. Mit einer am Fraunhofer IKTS entwickelten Sensormanschette können diese Kosten signifikant reduziert werden.
Die Sensormanschette wird wie ein Ring direkt und dauerhaft an stark belasteten Bereichen von Gründungsstrukturen – beispielsweise Schweißnähten – angebracht. Damit beeinflusst von außen aufwachsendes Biomaterial die Messungen weit weniger und die kräftezehrende und zeitaufwändige manuelle Säuberung der Messstellen durch Taucher entfällt.
In die Manschette sind Sensoren integriert, die abwechselnd jeweils als Sensor oder Aktor agieren. Das heißt, sie sind in der Lage, spezielle Ultraschallwellen auszusenden oder zu empfangen. Durch das Reflektionsmuster dieser Wellen im Material lassen sich Schädigungen, wie Schweißnahtrisse, erkennen.
Robuste Sensorik für den Unterwasser-Einsatz
Neben Biomaterial werden auch das korrosive Salzwasser und die enormen Kräfte der Wellen zur Belastung für die sensorischen Messsysteme. Dr. Bianca Weihnacht, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IKTS, erläutert die Herausforderungen: »Um dauerhaft unter Wasser messen zu können, muss die Sensormanschette den harschen Umweltbedingungen standhalten. Deshalb werden die Sensoren einlaminiert. Die entstehenden Barriereschichten schützen die Sensoren vor eindringendem Meerwasser. Das funktioniert jedoch nur mit flachen elektronischen Komponenten, die wir eigens dafür entwickelt haben. So werden in die Sensormanschette beispielsweise flache Spulen für die Energieübertragung integriert«.
Drahtlose Energie- und Datenübertragung
Das Auslesen der gemessenen Daten an der Sensormanschette erfolgt nicht mehr durch Taucher, sondern durch »Remote Operating Vehicle« (ROV) – per Kabel ferngesteuerte Unterwasser-Roboter. Mittels WLAN werden die Daten von der Sensormanschette auf das Diagnosegerät am Roboter übertragen und anschließend über das Kabel zu den Technikern auf dem Schiff transferiert. Zukünftig soll auch dieser Arbeitsschritt optimiert werden, indem sowohl die Messdaten als auch die benötigte Energie über weite Entfernungen von der Sensormanschette zur Wartungsstation drahtlos übertragen werden. »Mit der Sensormanschette leisten wir künftig einen aktiven Beitrag zur Erhöhung der Betriebssicherheit und Senkung der Wartungskosten von Offshore-Windenenergieanlagen« fasst Bianca Weihnacht zusammen.
Mit intelligenten Wartungskonzepten wie der Sensormanschette wird es gelingen, die Attraktivität der Windkraft weiter zu stärken. Damit rückt das große Ziel der Bundesregierung für 2030 in greifbare Nähe: Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix soll auf 65 Prozent steigen – ein Großteil davon wird Windenergie sein.