Ohne Ruckeln und Energieverlust – Neue Gleitlager mit dem Supragleit-Effekt
20 Prozent der weltweit erzeugten Energie geht durch Reibung verloren. Zur Reibreduktion werden daher in vielen mechanischen Anwendungen Wälz- und Gleitlager eingesetzt. Wälzlager haben allerdings hinsichtlich Kosten, Gewicht und Lebensdauer einige Nachteile. Gleitlager dagegen bieten zwar interessante Lösungsansätze, weisen aber wiederum höhere Reibwerte auf. Durch neue reibreduzierende Werkstoffe und Schmierstoffe könnte ein Großteil dieser Reibungsverluste in Gleitlagern eingespart werden. Das größte Potenzial liegt hierbei im Transport- und Energiesektor.
SUPRASLIDE – Das Baukastensystem für supraschmierende Werkstoffe und nachhaltige Schmierstoffe
Genau an diesem Punkt setzt das neu gestartete Projekt »SUPRASLIDE« an. Forschende aus den vier Fraunhofer-Instituten IWM, IPA, IWS und IKTS wollen einen Baukasten aus verschiedenen supraschmierenden Systemen wie Keramik, Diamant, Graphen oder Kohlenstoffschichten in Kombination mit nachhaltigen Schmierstoffen etablieren. Diese gut aufeinander abgestimmten Material-Schmierstoff-Paarungen können dann für Supragleitlager eingesetzt werden. Mit extrem niedrigen Reibwerten von < 0,01 ließen sich nahezu verlustfreie neue Anwendungsmöglichkeiten in den verschiedensten Systemen erschließen. Mit diesen Supragleitlagern könnten Ingenieure in E-Autos und E-Bikes die Antriebssysteme noch leichter und reibungsärmer auslegen, womit sich die Reichweite deutlich erhöhen würde. Ihre Vorteile würde die neue Generation von Gleitlagersystemen auch in robotischen Positioniersystemen ausspielen. Durch ein ruckfreies Gleiten wäre eine ungeahnte Präzision möglich. Die Forschenden haben natürlich auch den Energiesektor im Blick, wo Pumpen mit extrem reibungsarmen Gleitlagern zu signifikanten Energie- und CO2-Einsparungen beitragen könnten. Damit der Transfer in die Industrie gelingt, setzt das Konsortium auf einen einfachen Aufbau der Gleitlagersysteme, die dadurch weit skalierbar sind. Erste Prototypen sollen im Rahmen des Projektes mit Partnern aus der Industrie getestet werden.
Verschleißfeste Keramiken als Basis für robuste Gleitschichtkomponenten
Für die robusten neuen Gleitschichtkomponenten optimiert das Fraunhofer IKTS die tribologischen Eigenschaften von verschleißfesten Werkstoffen auf Basis von Si3N4-, SiC- und SiC-Diamant-Keramiken. Dafür passen die Forschenden Gefüge, Korngrenzen und Oberflächenstrukturierung gezielt an. Um die neuen Oberflächen sowie deren Wechselwirkung mit den Schmierstoffen zu charakterisieren, greift das IKTS-Team nicht nur auf seine umfangreichen Analytikkompetenzen zurück, sondern auch auf die Messung von Strömungspotenzialen. Damit kann es die Oberflächenladungen erfassen und sehr gut Rückschlüsse auf die chemische Beschaffenheit der neuen Werkstoffoberflächen ziehen. »Unser Ziel ist es, gemeinsam mit unseren Partnern eine neue Generation von Gleitlagern auf Basis von verschleißfesten Keramiken zu schaffen, die im Vergleich zu konventionellen Gleitlagern mit hohen Reibverlusten eine 90-prozentige Energieeinsparung ermöglichen«, erklärt Dr. Mathias Herrmann, Experte für superharte Werkstoffe und Abteilungsleiter am Fraunhofer IKTS.