Die unerwünschte Besiedlung von künstlichen Oberflächen mit Mikroorganismen, das sogenannte Biofouling, stellt in der marinen Industrie eine große Herausforderung mit ökologischen und finanziellen Folgen dar. So sind beispielsweise Bauwerke wie Gründungsstrukturen für Offshore-Windkraftanlagen davon betroffen und werden in ihrer Stabilität und Haltbarkeit eingeschränkt. Auch das Fahrverhalten von Schiffen kann durch Biofouling beeinträchtigt und der Energieverbrauch erhöht werden. Daher widmet sich das Fraunhofer IKTS mit seiner Kernkompetenz auf dem Gebiet der Hochleistungskeramiken, der Entwicklung neuer Materialien mit Antifouling-Eigenschaften, um diesem Problem entgegenzuwirken. Denn gerade Keramik zeichnet sich durch Langlebigkeit und ökotoxikologische Unbedenklichkeit aus und ist unter harschen Umweltbedingungen einsetzbar.
Das Anhaften von Bakterien an die Oberfläche mariner Systeme findet im Meer binnen kürzester Zeit statt. Dieses sogenannte Biofouling beginnt mit der Anlagerung von organischen Molekülen und der Bildung eines Biofilms, der die weitere Ansiedlung von Algen und unterschiedlichen weich- und hartschaligen Organismen begünstigt. Um dies zu verhindern, wurden zunächst Antifouling-Anstriche mit metallorganischen Verbindungen (Tributylzinn) und anderen Bioziden eingesetzt. Diese Art von Antifouling-Anstrichen sind mittlerweile verboten, da durch Freisetzungsprozesse die Biozide auch in die umgebenden Gewässer gelangen und sich damit insgesamt schädlich auf Wasserorganismen auswirken. Doch die derzeitige weit verbreitete Alternative, bestehend aus Antifouling-Anstrichen mit Kupferverbindungen, ist ebenfalls im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit sehr umstritten und bereits in einigen Ländern der EU untersagt. Daher ist es notwendig, umweltfreundliche sowie biozidfreie Werkstoffe und Beschichtungen für den Bewuchsschutz maritimer Strukturen zu erschließen. Da die maritime Umgebung hohe Anforderungen an technische Oberflächen stellt, sind keramische Werkstoffe und Komponenten, die typischerweise unter anspruchsvollen tribologischen und korrosiven Bedingungen eingesetzt werden, auch unter diesem Gesichtspunkt vorteilhaft.
Keramische Materialien und Beschichtungen können gezielt auf das entsprechende Anwendungsgebiet angepasst werden. Auf physkalischer Ebene lassen sich Modifizierungen in Form von definierten Strukturen auf der Oberfläche erzeugen, die auf die kritischen Dimensionen eines Fouling-Organismus zugeschnitten sind. So lassen sich die Anzahl günstiger Adhäsionspunkte begrenzen und verbesserte Antifouling-Eigenschaften erzielen. Während dieses Vorgehen für den Schutz von Bauwerken u. Ä. geeignet ist, muss bei Sensoranwendungen die Transparenz des Materials vollumfänglich erhalten bleiben. Dafür sind neben definierten Strukturen ebenfalls besonders glatte Schichten herstellbar, die beispielsweise aufgrund ihrer Hydrophobie Antifouling-Eigenschaften aufweisen.
Keramische Komponenten sind jedoch nicht nur in ihrer Physik modifizierbar, sondern sie können ebenfalls in der chemischen Zusammensetzung verändert werden, um gewünschte Eigenschaften zu erzielen. Damit lassen sich aufgrund der vielseitigen Variationen von Keramik, Materialien für eine große Bandbreite von Anwendungen entwickeln, z. B. thermisch gespritzte und lasergesinterte Keramikbeschichtungen.
Zur Validierung der generierten Materialien bzw. Oberflächenmodifikationen werden analytische Untersuchungen in Laborumgebung an unserem Standort in Dresden durchgeführt und durch Versuche auf Freibewitterungsprüfständen ergänzt. Der Vorteil der realen Teststände gegenüber reinen Laborversuchen ist, dass die neu entwickelten Materialien so unter sehr anwendungsnahen Konditionen getestet werden können und sich auf diesem Weg die Herausforderungen der realen Bewuchs- und Korrosionsbedingungen direkt in die Bewertung einbeziehen lassen.