SiC-gebundene Diamantwerkstoffe für Verschleißschutz und Thermal Management

Thema

SiC-gebundene Diamantwerkstoffe – eine neu entwickelte Werkstoffklasse – decken ein außergewöhnliches Eigenschaftsspektrum ab, was sie für verschiedenste Anwendungen im Verschleißschutz und Thermal Management prädestiniert. In vielen dieser Bereiche entstehen neue technische Anforderungen, die herkömmliche Werkstoffe nicht mehr erfüllen können. Hier können Komponenten auf Basis von SiC-gebundenen Diamantwerkstoffen zu einem Game Changer werden.

 

Verwertungsoptionen SiC-gebundener Diamantkeramik.


Anwendungen für den Verschleißschutz

Verschleißfeste Werkstoffe sind für eine Vielzahl von Anwendungen, bei denen erhöhte Lebensdauern gefordert sind, interessant. Sie tragen vor allem zur Effizienzsteigerung von Produktionsprozessen, zur Erhöhung der Zuverlässigkeit oder zur Minimierung von Sicherheitsrisiken bei. Da typische diamant-basierte verschleißfeste Werkstoffe unter Verwendung hoher Drücke hergestellt werden, sind darauf basierende Komponenten hinsichtlich ihrer Größe, Geometrie und Kosten beschränkt. SiC-gebundene Diamantwerkstoffe lassen sich dagegen kostengünstig und in komplexen Geometrien durch konventionelle keramische Technologien produzieren. Der Herstellprozess ähnelt dem von Silicium-infiltriertem Siliciumcarbid (siehe Herstellung). Mühlenkomponenten, Sichterlamellen oder Sandstrahldüsen wurden bereits realisiert und erfolgreich anwendungsnah getestet. Gleitringdichtungen oder Gleitlager befinden sich ebenfalls in der Entwicklung.

 

Verschleißschutz-Komponenten aus SiC-gebundenem Diamantwerkstoff:

Verschleißschutz-Komponenten aus SiC-gebundenem Diamantwerkstoff: Sandstrahldüsen.
© Fraunhofer IKTS
Sandstrahldüsen.
Gleitlagerpads.
© Fraunhofer IKTS
Gleitlagerpads.
Auskleidungssegmente.
© Fraunhofer IKTS
Auskleidungssegmente.


Die Verschleißbeständigkeit der Diamantkeramiken wurde mit Hilfe eines Verschleißtests gemäß ASTM G65 durchgeführt, wobei ein gummiertes Stahlrad in Kombination mit einer wässrigen Normsandsuspension genutzt wurde, um einen höheren Verschleißeffekt zu erreichen. Die Ergebnisse belegen, dass die Verschleißbeständigkeit der Diamantkeramiken sogar sehr viel höher als die von anderen Strukturkeramiken wie Siliciumnitrid (Si3N4) oder Borcarbid (B4C) ist. Die Oberflächenanalyse der Diamantkeramiken nach den Verschleißtests zeigte, dass nur ein Teil der Siliciumcarbidphase abgetragen wurde und die Diamantkörner kaum Reibspuren aufweisen. Die Verschleißbeständigkeit im Sandstrahltest war damit 10-mal höher als die von dichten kommerziellen B4C-Werkstoffen. Die Messung der tribologischen Eigenschaften mittels oszillierendem Reibverschleißtest mit Stahl und Si3N4-Kugeln zeigten das große Potenzial dieses neuen Werkstoffs für tribologische Anwendungen. Obwohl die neuen Diamantkeramiken max. 60 Vol.-% Diamant enthalten, haben sie einen Reibungskoeffizienten unter Trockenlaufbedingungen von lediglich 0,1 bis 0,2. Diese Werte und die Verschleißfestigkeit ähneln denen von polykristallinen Diamantwerkstoffen (PKD) und CVD-Diamantschichten.

 

Superharte Werkstoffe im Vergleich zu typischen Verschleißwerkstoffen. SiC-gebundener Diamant ist der einzige superharte Werkstoff, der keine Hochdrucktechnologie bei der Bauteilherstellung benötigt (*Hochdruckverfahren HPHT, **Beschichtung; eigene Darstellung nach McMillan, 2002).

Ergebnisse von Sandstrahl-Verschleißtests von Al2O3, SSiC, B4C und SiC-gebundenen Diamantwerkstoffen (Diamantgröße (50/5 μm)).




Thermal Management

Aufgrund ihrer niedrigen thermischen Ausdehnung, hoher Wärmeleitfähigkeit sowie hoher Steifigkeit können SiC-gebundene Diamantwerkstoffe auch im Thermal Management beispielsweise für Wärmesenken eingesetzt werden. Im Vergleich zu den Standardwerkstoffen wie Silicium, Kupfer, Aluminium, Aluminiumnitrid oder Silber weisen sie eine höhere Wärmeleitfähigkeit auf: Bei einem Diamantgehalt von 60 Vol.-% und einer Diamantkorngröße von 100 μm können Wärmeleitfähigkeiten von bis zu 640 W/m*K erreicht werden. Dabei liegt der thermische Ausdehnungskoeffizient unter 5*10-6 1/K. Selbst bei Anwendungstemperaturen von 200 °C beträgt die thermische Leitfähigkeit zwischen 400 und 450 W/m*K.

 

Kühlelement aus SiC-gebundenem Diamantwerkstoff.
© Fraunhofer IKTS
Kühlelement aus SiC-gebundenem Diamantwerkstoff.
Wärmeleitfähigkeit und Dichte der SiC-gebundenen Diamantwerkstoffe im Vergleich zu anderen Werkstoffen für das Thermal Management.
© Fraunhofer IKTS
Wärmeleitfähigkeit und Dichte der SiC-gebundenen Diamantwerkstoffe im Vergleich zu anderen Werkstoffen.
Wärmeleitfähigkeit und thermische Ausdehnung der SiC-gebundenen Diamantwerkstoffe im Vergleich zu anderen Werkstoffen für das Thermal Management.
© Fraunhofer IKTS
Wärmeleitfähigkeit und thermische Ausdehnung der SiC-gebundenen Diamantwerkstoffe im Vergleich zu anderen Werkstoffen.


SiC-gebundene Diamantwerkstoffe lassen sich auch als Substrat in der High-End-Leistungselektronik einsetzen, wo eine extreme Verlustleistung auf engsten Raum bei erhöhten Temperaturen auftritt oder eine große Funktionsverdichtung und Miniaturisierung bei gleicher Performance angestrebt wird. Zudem sind sie interessant für Power-Converter mit direkter Kühlung. Aufgrund der ebenfalls sehr guten Korrosionsbeständigkeit von SiC-gebundenen Diamantwerkstoffen können Converter-Komponenten strukturiert und direkt mit Kühlmitteln in Verbindung gebracht werden.

 

Herstellungsprozess

Zu Beginn des Herstellprozesses werden Diamantpulver mit den entsprechenden Bindern und Lösungsmitteln gemischt und granuliert. Danach wird die Mischung gepresst oder durch andere Formgebungstechnologien in einen Formkörper überführt. Während der anschließenden Pyrolyse unter inerter Atmosphäre werden Teile des Binders in Kohlenstoff umgewandelt, so dass der Formkörper nunmehr aus Diamant und Kohlenstoff besteht. Dieser poröse Formkörper wird dann bei 1450 bis 1600 °C mit flüssigem Silicium infiltriert. Während der Infiltration reagiert das Silicium mit dem Kohlenstoff und teilweise mit den Diamantkörnern. Im resultierenden Gefüge sind die Diamantkörner in einem dreidimensionalen SiC-Gitter fest eingebunden. Es gibt eine direkte chemische Bindung zwischen dem Diamanten und dem SiC. In Abhängigkeit vom eingesetzten Diamantpulver lassen sich unterschiedliche Gefüge herstellen und damit auch Eigenschaften gezielt modifizieren. Bisher konnten Diamantgehalte von bis zu 60 Vol.-% und Restsiliciumgehalte von weniger als 5 % realisiert werden. Daher weisen die Diamantkeramiken eine herausragende mechanische und korrosive Stabilität auf.

Komponenten können zum einen als kompakte Bauteile und zum anderen als SiC-Bauteile mit 300 bis 500 µm dicken Schichten in hochbeanspruchten Bereichen hergestellt werden. Da die Grünteile nach der Pyrolyse grünbearbeitet werden können und die Volumenänderung während der Silicium-Infiltration fast null ist, lassen sich Bauteile aus Diamantkeramik in verschiedensten – auch komplexen Geometrien – endformnah und somit sehr kosteneffizient herstellen. Aufgrund der hohen Verschleißbeständigkeit der Diamantkeramiken ist die Endbearbeitung durch Schneiden oder Schleifen eingeschränkt. Die Nachbearbeitung durch Läppen oder Polieren der Oberfläche ist möglich, allerdings zeitaufwendig. Laserschneiden und Funkenerodieren (EDM) sind dagegen attraktive Alternativen, um Diamantkeramiken zu bearbeiten.

Herstellung von SiC-gebundener Diamantkeramik.

Herstellung von SiC-gebundener Diamantkeramik.

 

Leistungs- und Kooperationsangebot

  • Entwicklung von funktionsoptimierten SiC-Diamantwerkstoffen
  • Anwendungsnahe Tests der thermischen, chemischen und tribologischen
  • Werkstoffcharakteristika
  • Herstellung von Musterbauteilen
  • Prozessentwicklung und Upscaling
  • Charakterisierung von Gefügen und Eigenschaften
  • Erzeugung von synthetischen Modellgefügen mit einer realistischen Morphologie
  • Messung, Simulation und Korrelation einer Vielzahl physikalischer Eigenschaften

 


Weiterführende Informationen



Veröffentlichungen zur Herstellung und Eigenschaften

  1. M. Herrmann, B. Matthey, S. Kunze, M. Zins, A. Kailer, C. Koplin, et. al. (2018). Silicon-Carbide-Bonded Diamond Components for Harsh Environments – Cost-Effective Components with Outstanding Properties. Ceramic Applications, 6 (1), 64- 68.
  2. B. Matthey, S. Kunze, M. Hörner, B. Blug, M. van Geldern, A. Michaelis, M. Herrmann (2017). SiC-bonded diamond materials produced by pressureless silicon infiltration. Journal Materials research, 32, 3362–337.
  3. B. Matthey, S. Hoehn, A.-K. Wolfrum, U. Muehle, M. Motylenko, D. Rafaja, A. Michaelis, M. Herrmann (2017). Microstructural investigation of diamond-SiC composites producedby pressureless silicon infiltration. Journal of the European Ceramic Society, 37, 1917–1928.
  4. A. Kailer, B. Matthey, S. Kunze, M. Herrmann, C. Tschirpke (2024). SiC‐bonded diamond ceramics for extreme conditions in subsea applications. International Journal of Applied Ceramic Technology, 21, 2690–2701.
  5. B. Matthey, S. Kunze, A. Kaiser, M. Herrmann (2023). Thermal properties of SiC-bonded diamond materials produced by liquid silicon infiltration. Open Ceramics, 100386.
  6. J. Schöne, W. Beckert, B. Matthey, M. Herrmann (2024). Modelling of the microstructure and thermal conductivity of SiC bonded diamond materials. Open Ceramics, 18, 100594.
  7. M. Herrmann, E. Kluge, C. Rödel, A. McKie, F. van Staden (2014). Corrosion behaviour of silicon carbide-diamond composite materials in aqueous solutions. Journal of the European Ceramic Society, 34, 2143-2151.
  8. M. Herrmann, L. Adloff, B. Matthey, T. Gestrich (2020). Oxidation behaviour of silicon carbide bonded diamond materials. Open Ceramics, 2, 1000177.