Strom aus Keramik

Pressemitteilung /

Effizient, flexibel und umweltfreundlich – am Fraunhofer IKTS entwickelte keramikbasierte Energie- und Speichertechnologien werden in naher Zukunft auf dem Markt erhältlich sein. Derzeit laufen verschiedene Kommerzialisierungsprojekte mit internationalen Partnern.

 

Das Institut entwickelt und erprobt seit 25 Jahren keramische Hochtemperatur-Brennstoffzellen (SOFC) und komplette Systemlösungen für alle Leistungsklassen – von der Mikrobrennstoffzelle bis zum Megawatt-System. Die Kompetenz des IKTS zeigt sich in effizienten Entwicklungsprozessen, um Energieanlagen von der Konzeptphase bis hin zum Feldtest zu realisieren und zu begleiten. Seit 2011 hat das IKTS zudem sein Portfolio auf stationäre keramische Batteriespeicher erweitert.

Brennstoffzellen sind wartungsarm, haben einen hohen Wirkungsgrad und können prinzipiell mit jedem Energieträger (Erdgas, Biogas, LPG, Diesel, Ethanol, Kerosin, Kohle, Biomasse etc. – natürlich auch Wasserstoff) betrieben werden. Das macht sie für zahlreiche industrielle und netzferne Stromversorgungslösungen, aber auch für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung und Hausenergieversorgung interessant. Auch die am Fraunhofer IKTS entwickelten cerenergy®-Batterien eignen sich für vielfältige Anwendungen in Energienetzen in Europa und global, besonders in heißen Ländern.

 

eneramic® ­– Tragbare Brennstoffzelle für eine langlebige, netzferne Stromversorgung

 

Unter der Marke eneramic® wurde seit 2008 eine komplette SOFC-basierte Technologieplattform für die robuste netzferne Stromerzeugung aufgebaut. Der mobile Generator erzeugt elektrischen Strom mit einer Dauerleistung von 100 Watt. Er ist mit einer keramischen Festoxidbrennstoffzelle basierend auf einem patentierten Fraunhofer-Stack-Design ausgestattet, wodurch ein kompakter Systemaufbau realisiert wird. eneramic® ist prädestiniert für industrielle Anwendungen mit geringer Leistungsaufnahme und sehr langen Laufzeiten – ideal für Verkehrsmanagement-, Informations- und Messsysteme sowie für Freizeitanwendungen. Die Marktreife des Systems konnte in mehrmonatigen Feldtests erfolgreich demonstriert werden. Als mobile Stromquelle für Verkehrsleitsysteme, welche durch die B.A.S. Verkehrstechnik AG und die sächsische Landeshauptstadt betrieben wird, überzeugte das eneramic®-System durch seinen geringen Wartungsaufwand. Während herkömmliche Akkus von Baustellenampeln bis zu zweimal pro Woche gewechselt werden mussten, lieferte das mit Propangas betriebene eneramic®-System ununterbrochen Energie mit Serviceeinsätzen zum Gasflaschenwechsel im Abstand von etwa drei Wochen.

In einem weiteren Praxistest in Kooperation mit der Firma ProCon GmbH diente das System als netzferne Stromquelle für den kathodischen Korrosionsschutz an einer Abwasserleitung der DREWAG – Stadtwerke Dresden GmbH. Hierbei wird eine geringe elektrische Spannung an Bauwerke oder Pipelines angeschlossen, um das Rosten der Stahlbewehrung bzw. Rohre zu verhindern. Mit einem ausreichend bemessenen Gastank kann das System mehrere Jahre betrieben werden.

Für die Weiterentwicklung und Kommerzialisierung des eneramic®-Geräts wurde im Oktober 2015 die Ceragen GmbH aus dem Fraunhofer IKTS ausgegründet. In Kürze werden die ersten tragbaren eneramic®-Brennstoffzellen für Pilotnutzer verfügbar sein. Derzeit ist das Unternehmen auf der Suche nach weiteren Investoren und Erstanwendern. Zunächst ist der Vertrieb an Industriekunden geplant. Zukünftig sollen auch Produktversionen für Privatnutzer angeboten werden.

 

cerenergy® – Umweltfreundliche und kostengünstige stationäre Energiespeicher

 

Stationäre Energiespeicher gelten als Schlüsselelement einer modernen und nachhaltigen Energieversorgung. Weltweit wachsender Energiebedarf und die stetige Zunahme von Spitzenlasten erfordern zuverlässige Lösungen. Klassische und erneuerbare Stromerzeugung werden durch kostengünstige Energiespeicher zusammenwachsen und langfristig bezahlbare Versorgungssicherheit bieten. Die am Fraunhofer IKTS entwickelte Hochtemperaturbatterie cerenergy® wurde durch modernste keramische Verfahren auf niedrige Kosten und gute Herstellbarkeit in Serie optimiert.

Batterien auf Basis von Natrium-Nickelchlorid tauchten bereits in den 80er Jahren für Anwendungen in Elektrofahrzeugen auf. Wissenschaftler des Fraunhofer IKTS haben diese Technologie nun wieder aufgegriffen und im Kontext einer stationären Energieversorgung, die nach kostengünstigen, langlebigen und zuverlässigen Lösungen sucht, neu bewertet. Auszeichnend für Batterien dieser Art ist der ausschließliche Einsatz einheimischer Rohstoffe und Metalle wie Nickel, Aluminiumoxid oder Kochsalz. NaNiCl-Batterien sind somit nicht nur ökologisch nachhaltig, den Forschern ist es zudem gelungen, das resultierende Kostensenkungspotenzial gegenüber herkömmlichen elektrochemischen Speichertechnologien auszuschöpfen. Bei einer vergleichbaren Energiedichte zu Lithium-Ionen-Batterien belaufen sich die Systemkosten auf weit unter 300 Euro/kWh.

»Der Schlüssel für diese bemerkenswerte Entwicklung liegt im Kern der Hochtemperatur-Batterien, den keramischen Elektrolyten aus beta-Aluminat, deren Design und Herstellung maßgeblich Kosten und Funktion der Technologie bestimmen«, erläutert Prof. Michael Stelter, Abteilungsleiter »Marketing und Strategie« am Fraunhofer IKTS. Mit der am IKTS verfügbaren keramischen Fertigungs- und Syntheseroute wird die Aufbereitung des keramischen Pulvers bis hin zur Prozessierung des beta-Aluminats realisiert und eine vollkeramische Großserientechnologie für die zeitgemäße Energiespeicherung geboten.

Zur Kommerzialisierung der cerenergy®-Batterie sucht das Fraunhofer IKTS gegenwärtig aktiv industrielle Kooperationspartner.

 

Brennstoffzellen/Batterie-Hybridsysteme – Sicherung einer zuverlässigen Stromversorgung in Indien

 

Zukünftig sollen die IKTS-Brennstoffzellen und cerenergy®-Batterien als kombinierte SOFC/Batterie-Hybridsysteme eine zuverlässige und kostengünstige Stromversorgung in Indien sichern. Im Auftrag der indischen Firmen h2e Power Systems und R-Cube entwickelte das Fraunhofer IKTS die stationären SOFC-Anlagen und Batterie-Module. »Es handelt sich um eines der effizientesten Brennstoffzellensysteme auf Basis der partiellen Oxidation, d. h. ohne externe Wasserzufuhr zur Erhöhung des elektrischen Wirkungsgrads«, so Thomas Pfeifer, Gruppenleiter »Systemkonzepte« im Geschäftsfeld »Energie« am Fraunhofer IKTS. Mit der Lieferung des ersten Prototypensystems an die Auftraggeber in Pune, Indien im September 2015 begann der Technologietransfer an die indischen Partner. Bis April 2016  werden noch drei verbesserte Demonstrationssysteme am Fraunhofer IKTS gebaut und nach Indien geliefert. Dort wird die Technologie anschließend im Feldtest validiert. Noch 2016 soll die lokale Serienproduktion der h2e®-Geräte für den indischen Markt beginnen.

Die h2e®-Technologie ermöglicht Systeme mit sehr hohen Wirkungsgraden, die als reiner Stromgenerator oder als kombinierte Strom-, Wärme- und Kälteerzeuger unter der Nutzung von Kohlenwasserstoffen wie Pipeline-Erdgas oder Flüssiggas, Methan oder Biogas eingesetzt werden können. »Das hochmoderne h2e®-System des Fraunhofer IKTS soll künftig für die Stromversorgung von Wohn- und Geschäftsgebäuden in Indien genutzt werden. Daneben sind in Kombination von Solar-, Wind-, Biogas- und Brennstoffzellentechnologien netzferne Anwendungen im ländlichen Raum, beispielsweise für Funkmasten und Bewässerungsanlagen geplant«, erklärt Siddharth R. Mayur, Gründer und Präsident von h2e Power Systems. Die Vision der indischen Partner ist es, eine dauerhaft kosteneffiziente Fertigung von SOFC-Stacks und -systemen aufzubauen, um die Energieunabhängigkeit in den städtischen und ländlichen Gebieten der Schwellenländer weltweit, mit Schwerpunkt in Indien und Südamerika, zu verbessern.