Forschung aktuell
Die Qualität und Eigenschaften keramischer Werkstoffe hängen stark von deren Mikrostruktur ab. Bei der quantitativen Gefügeanalyse müssen insbesondere die Korngrenzen als Grundlage weiterer Schritte korrekt erkannt werden. Sowohl für das planimetrische als auch das Linienschnitt-Verfahren sind diese unerlässlich, um reproduzierbare Ergebnisse zu erzielen. Dafür genutzte klassische Methoden der Bildverarbeitung, wie z. B. die Segmentierung anhand einfacher Schwellwerte oder anderer Trennverfahren, kommen je nach optischer Erscheinung des Gefüges an ihre Grenzen. Daher werden Korngrenzen in der Praxis häufig manuell detektiert. Daraus resultieren hohe Kosten, ein hoher Zeitaufwand und Subjektivität der Ergebnisse. Moderne KI-basierte Methoden der Bildverarbeitung haben sich in den letzten Jahren in diversen Anwendungsfällen mit komplexen visuellen Problemen bewährt und finden zunehmend Anwendung im Bereich der Materialwissenschaft.
Am Fraunhofer IKTS wurde ein auf faltenden Neuronalen Netzen (CNN) beruhender Deep- Learning-Ansatz zur Erkennung der Korngrenzen entwickelt. Grundlage ist ein Datensatz bestehend aus Gefügeaufnahmen des zu analysierenden Werkstoffs und den dazuge-hörigen händisch markierten Korngrenzen (Ground Truth). Für das CNN wurde eine spezielle Architektur aus dem Bereich der Kantensegmentierung gewählt. Trainiert wurde das CNN mit eigens dafür entwickelten spezifischen Verlustfunktionen. Um optimale Hyperparameter zu finden, also Parameter, die den Trainingsvorgang und damit die finale Performance des CNN beeinflussen, wurde ein umfangreiches automatisiertes Hyperparametertuning genutzt.
Die Bewertung der Modell-Performance erfolgt sowohl optisch als auch statistisch. Für die optische Bewertung werden Modelvorhersagen mit der Ground Truth verglichen. Zusätzlich geben Visualisierungen der Vorhersagesicherheiten Aufschluss darüber, welche Bereiche des Gefüges für das Modell herausfordernd sind. Bei der statistischen Bewertung werden sowohl die Ground Truth als auch die Modellvorhersagen planimetrisch analysiert und gegenübergestellt. Das folgende Diagramm zeigt Ergebnisse am Beispiel von Aluminiumoxid (Al2O3). Für das Training des zugrunde liegenden Modells wurden Gefügeaufnahmen mit lediglich ca. 1300 Körnern genutzt.