Forschung aktuell
Die Transformation der chemischen Industrie hin zur Klimaneutralität stellt alle Akteure vor Herausforderungen. Im vergangenen Jahr war die chemische Industrie aufgrund der überwiegenden Nutzung fossiler Ausgangsstoffe weltweit für etwa 935 Mt CO2-Äquivalente (ca. 2,5 %) an direkten Emissionen verantwortlich. Teil der Transformation des Industriesektors ist die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft, bei der CO2 nicht mehr als Abfallprodukt, sondern als wertvoller Rohstoff angesehen wird. Aus diesem Grund erfährt die bereits seit etwa 100 Jahren bekannte Fischer-Tropsch-Synthese (FTS) gerade eine Renaissance. Mit dieser Reaktion kann aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, dem sogenannten Synthesegas, eine ganze Bandbreite werthaltiger Kohlenwasserstoffe hergestellt werden. Unter dem Oberbegriff »Power-to-X« wird Synthesegas auf Basis elektrolytischer Verfahren aus elektrischer Energie, CO2 und Wasser erzeugt. Die Fischer-Tropsch-Synthese eröffnet so einen nachhaltigen Erzeugungspfad für bisher fossil erzeugte chemische Produkte.
Am Fraunhofer IKTS sind insbesondere eisenbasierte FT-Katalysatoren Forschungsgegenstand. Denn anders als cobaltbasierte Katalysatoren können diese nicht nur Paraffine und Olefine, sondern auch hochwertige sauerstoffhaltige Kohlenwasserstoffe, hauptsächlich Alkohole, erzeugen. Darüber hinaus ist Eisen kostengünstiger und kann im Gegensatz zu Cobalt unter weniger kritischen Bedingungen gefördert werden. Die eigentliche aktive Phase eisenbasierter Katalysatoren ist ein komplexes Gemisch verschiedener Eisencarbide und -oxide, sodass die Beeinflussung und Beschreibung des Produktspektrums sehr komplex ist, zumal unter Reaktionsbedingungen auch Änderungen der Phasenzusammensetzung auftreten können.
Mithilfe selektiver Synthesestrategien wurden am Fraunhofer IKTS spezifische aktive Eisencarbide hergestellt und hinsichtlich ihrer katalytischen Aktivität und ihres Langzeitverhaltens (> 1000 h) untersucht. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts »SOCDegradation 2.0« (FKZ: 03SF0621C) konnten Katalysatoreigenschaften identifiziert werden, die für die Fischer-Tropsch-Synthese höherer Alkohole vorteilhaft sind und die Katalysatorstabilität sowie die Standzeiten stark erhöhen. Neben Langzeituntersuchungen kamen hierbei auch Versuche zum Einsatz, die eine beschleunigte Alterung der Katalysatoren ermöglichten. Die Ergebnisse liefern ein besseres Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Katalysatorzusammensetzung, -degradation und -performance. Auf dieser Basis sollen nun widerstandsfähigere Katalysatoren entwickelt werden, die längere Standzeiten bei optimierter Performance hinsichtlich der Produktzusammensetzung ermöglichen.