Thüringer Forschungspreis für keramische Batterie
Regenerative Energiequellen gewinnen im Kontext der Energiewende stark an Bedeutung. Damit auch dann Strom fließt, wenn das Windrad still steht und die Sonne nicht scheint, muss Energie zuverlässig gespeichert werden. Ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS hat dafür eine preiswerte und umweltfreundliche keramische Batterie entwickelt, die mit dem diesjährigen Thüringer Forschungspreis in der Kategorie »Angewandte Forschung« ausgezeichnet wurde. Den mit 12.500 Euro dotierten Preis überreichte Thüringens Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee bei der feierlichen Preisverleihung in der Imaginata Jena am 8. April.
Den Fraunhofer-Forschern Prof. Michael Stelter, Dr. Roland Weidl, Dr. Matthias Schulz, Heidi Dohndorf, Lutz Kiesel sowie Martin Hofacker und Benjamin Schüssler ist es nun gelungen eine keramische Batterie zu entwickeln, die vollständig aus unkritischen, einheimischen Rohstoffen wie Kochsalz, Aluminiumoxid und Nickel hergestellt wird. Das macht sie kostengünstig und wartungsarm. Zudem hat die sogenannte Natrium-Nickel-Chlorid- (Na/NiCl2) Batterie einen hohen systemischen Wirkungsgrad, ist langlebig und so sicher, dass sie ohne Bedenken in Wohngebäuden aufgestellt werden kann. »Im Kontext der Energiewende, die Speichermöglichkeiten für alternative Energiequellen fordert, ist die keramische Batterie eine ernst zu nehmende Alternative zur Lithium-Ionen-Batterie«, so Prof. Michael Stelter, Kopf des Forscherteams und stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer IKTS.
Jury lobt beeindruckendes Know-how und Strahlkraft der Entwicklung
Der Präsident der Jury, Prof. Dieter Brüggemann, begründete die Entscheidung: »Dieses Forschungsprojekt lenkt den Blick auf Natrium‐Nickel-Chlorid Batterien als sehr attraktive Nicht‐Lithium‐Technologie für stationäre Energiespeicher mit hoher bis sehr hoher Kapazität. Das IKTS-Team stellt damit sein beeindruckendes Know-how im gesamten Bereich der Na/NiCl2-Technologie einschließlich material‐ und ingenieurwissenschaftlicher sowie elektrochemischer Aspekte unter Beweis. Der Vorschlag hat die Jury vor allem mit seiner hohen Relevanz im Kontext des Themas „Energiewende“ und mit seiner Strahlkraft für und über Thüringen hinaus überzeugt«.
Komplexe Entwicklungsarbeit: vom Pulver zum fertigen Modul
Im Gegensatz zur bekannten Lithium-Ionen-Batterie mit flüssigem Kern, ist das Herzstück der keramischen Batterie ein einseitig verschlossenes Rohr aus einer natriumionenleitfähigen Keramik – der Festkörperelektrolyt. Für den Herstellungsprozess dieser Komponente haben die Forscher am Fraunhofer IKTS geeignete Pulver und eine Formgebungstechnologie entwickelt sowie den Brennprozess – das sogenannte Sintern – angepasst. Um den Elektrolyt in eine Zelle zu integrieren, realisierten die Fraunhofer-Forscher zudem eine komplexe, keramische Dichtung. Diese ist korrosionsstabil bei bis zu 350 °C und ermöglicht eine dauerhafte Verbindung zwischen metallischer Zellwand und dem Keramikkern. Beim Modulaufbau – und damit dem letzten Entwicklungsschritt zur Batterie – gelang es den Forschern, mehrere Zellen verlustarm untereinander zu kontaktieren und in ein isolierendes Gehäuse mit thermischer und elektrischer Steuerung zu integrieren.
Transfer geglückt: Keramische Batterie kurz vor Markteinführung
Durch diese bahnbrechende Entwicklungsarbeit und die Optimierung des Zelldesigns konnten die IKTS-Wissenschaftler die Speicherkapazität der Batterie auf 100 Amperestunden steigern. Das ist fast dreimal so viel wie die bisher marktüblichen Batterien dieser Art. Damit steht ausreichend Speicher zur Verfügung, um beispielsweise die überschüssige Energie, die die Solaranlage eines Einfamilienhauses an einem sonnigen Tag produziert, zuverlässig aufzunehmen. Stationäre Speicher sind ein vielversprechender Wachstumsmarkt. Das enorme Marktpotenzial der keramischen IKTS-Batterie wurde bereits erkannt: der oberfränkische High-Tech-Konzern Alumina Systems GmbH hat die Technologie gekauft. In den nächsten Jahren soll mit dem Know-how der Hermsdorfer Forscher eine Pilotfertigungslinie entstehen und die keramische Batterie in den Markt eingeführt werden.