Autor: Sandra Klinkmann
Was ist eigentlich diese Keramik?
Pünktlich zur Langen Nacht der Wissenschaften (#LNdWDD) nehmen wir die Keramik einmal etwas genauer unter die Lupe.
Wenn ich vor zwei Jahren gefragt worden wäre, was Keramik ist und was man damit macht, wäre meine Antwort gewesen: Das Geschirr meiner Oma. Nachdem ich seit einiger Zeit beim Fraunhofer IKTS arbeite, weiß ich, dass Keramik viel mehr ist als Porzellan. Wissen Sie was Sie Zuhause alles aus Keramik besitzen? Sicherlich würde Sie manches überraschen. Aber was ist Keramik? Woher kommt sie? Wie nutzen wir sie? Auf geht's! Klären wir gemeinsam diese Fragen.
Bei handelsüblicher Keramik unterscheiden wir zwischen Ton- und Glaskeramik. Beide Arten werden als Gefäß-, Ofen-, Bau- oder Sanitärkeramik verwendet. In den letzten Jahrzehnten wurde der Begriff der technischen Keramik bzw. der Verbundkeramik hinzugefügt. Synonyme sind auch: Hochleistungskeramik, Ingenieurs-, Industrie- oder industrielle Keramik. Mit dieser Keramikart befassen sich die Wissenschaftler am Fraunhofer IKTS.
Wie alt ist Keramik?
Entdeckt wurde die Keramik unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Regionen. Die Forschung nimmt an, dass Keramik bereits vor über 10.000 Jahren bekannt war. Die heute gefundenen Keramikstücke unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung, denn unsere Vorfahren arbeiteten mit dem Rohmaterial, das sie regional vorfanden. Das macht den Unterschied.
Ton ist das Basismaterial für die Keramikherstellung. Ihn finden wir in Tongruben. Der Regen mahlte das ehemals feste Gestein in kleine, feinkörnige, pulverartige und wasserhaltige Partikel. Gemischt mit Wasser lassen sich diese Partikel hervorragend formen. Nach dem Formen muss die Keramik trocknen. Für mehr Stabilität wird der verarbeitete Ton noch gebrannt. Je härter man das Material braucht, desto heißer muss der Ofen eingestellt werden. Heute weiß man: Ab einer Temperatur von ca. 1.000 °C kommt es zur Sinterung. Dabei erhält die Keramik ihre typischen Eigenschaften wie Härte, Festigkeit oder Temperaturleitfähigkeit.
In der Veränderbarkeit der Eigenschaften unterscheidet sich Keramik von Metall – ein essentieller Vorteil der Keramik. Bei Metallen sind die Eigenschaften unveränderlich; bei Keramik hingegen hängen die Eigenschaften eng vom Herstellungsprozess ab. Früher taten sich die Verarbeiter schwer, die exakt gewünschten Eigenschaften über das Sintern – also den Brennvorgang – einzustellen. Das änderte sich mittlerweile aufgrund moderner Technik, was zugleich bedeutet: Heute ist das Sintern eine Wissenschaft für sich, mit der wir vielfältig experimentieren!
Klassifiziert wird Keramik nach ihrer chemischen Zusammensetzung. Die drei häufigsten Gruppen sind: Silikatkeramik (z. B. Porzellan), Oxidkeramik (z. B. Aluminiumoxid) und Nichtoxidkeramik (z. B. Siliziumnitrid).
Technische Keramik
Wie gesagt: die Verbundkeramik ist seit einigen Jahren für Mensch und Industrie wichtig. Prinzipiell bezeichnet man als Hochleistungskeramik alles, was aus nichtmetallischen, anorganischen Werkstoffen besteht. Technische Keramik unterscheidet sich von herkömmlicher in ihrer präzisen Verarbeitung. So kommt zum Beispiel nur eine bestimmte Körnung für die Formgebung in Frage. Die Körnung muss durch Reinheit und Korngröße in einem definierten Toleranzbereich überzeugen. Meist wird das keramische Pulver synthetisch hergestellt, da die natürlich vorkommenden Rohstoffe nicht die Anforderung an die chemische Reinheit oder Homogenität erfüllen.
Zum ersten Mal wurde Technische Keramik Mitte des 19. Jahrhunderts verarbeitet. Damals um elektrische Isolatoren zu fertigen. Heute haben Wissenschaftler die Anwendungsbereiche der Hochleistungskeramik weitläufig optimiert und die Industriekeramik mit zahlreichen unterschiedlichen Eigenschaften ausgestattet. Diese Eigenschaften brauchen wir am Fraunhofer IKTS, um maßgeschneiderte Industrieprodukte herzustellen und vielfältige Leistungen anzubieten.
Neben den Eigenschaften wie Härte, Festigkeit und Hitzebeständigkeit, glänzt Keramik außerdem durch: Abtriebs- und Verschleißfestigkeit, Formstabilität, Korrosionsbeständigkeit, Wärmeleitfähigkeit, elektronisches Isoliervermögen, Halbleiter-, piezo- und ferroelektrische Eigenschaften sowie Biokompatibilität, Lebensmittelverträglichkeit und und und...
Doch wofür verwenden Industrie und Forschung Technische Keramik? Anwendung findet sie beispielsweise in der Medizin-, Elektro- und Systemtechnik, in Elektronik und Werkzeugen, in der chemischen und Textilindustrie, im Maschinenbau oder in Piezoelektronik.
Keramik am Fraunhofer IKTS
Am Fraunhofer IKTS werden die einzelnen Eigenschaften von Keramik genutzt, um innovative Produkte und Lösungen für Morgen zu entwickeln. Die Forschungsfelder im IKTS sind äußerst vielseitig und breit aufgestellt. Sie reichen von der (Nano-)filtration verschiedener Arzneimittel- und Klärschlammrückstände aus dem Wasser bis zur Frischwasseraufbereitung für Mensch und Tier. Auch andere Flüssigkeiten, Gase oder Abgase können mit Keramik filtriert und gereinigt werden.
Ebenfalls wird Hochleistungskeramik in Batterien verwendet, wodurch unter anderem die Reichweite und Performanz von E-Autos erweitert werden soll.
Außerdem nutzen die IKTS-Wissenschaftler Oxidkeramik, um damit biokompatible und medizintechnische Produkte herzustellen. Dazu zählen beispielsweise Zahnimplantate und Zahnkronen. Aber auch 3D-gedrucktes biokompatibles Knochenersatzmaterial gehört dazu.
Als letztes Beispiel für die Vielfalt der Keramik sei noch der Einsatz der Keramik als Leuchtstoff genannt. Ihr Vorteil dabei: Das Leuchten bleibt über die verschiedenen chemischen und temperaturintensiven Verarbeitungsschritte erhalten. Beispielsweise setzen wir keramische Leuchtstoffe zur Kennzeichnung von Bauteilen ein, die auch nach der Bauteilverarbeitung ausgelesen werden können.
Wie Sie sehen, sind der Keramik kaum Grenzen gesetzt. Dabei haben wir uns gerade nur eine kleine Auswahl angeschaut. Falls Sie mehr über Hochleistungskeramik am IKTS erfahren wollen, tauchen Sie einmal tiefer in unsere verschiedenen Themenseiten oder anderen Blogbeiträge ein. Vieles gibt es dabei zu entdecken.
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