Autor: Michael Stelter
Räuchermann und Räucherkerze – nur zusammen sind sie stark!
Der Räuchermann und das Räucherkerzchen – nur zusammen ergeben sie den richtigen Weihnachtsduft und nur im richtigen Räuchermann steigt der Rauch auch an die Decke ´nauf.
Doch bevor wir untersuchen, warum das so ist, ein kleiner Blick zurück: Das Erzgebirge ist eine Gegend, in der das Leben hart war. Die Winter zeigten sich lang und dunkel, die Menschen verbrachten viel Zeit in kleinen, geduckten Häusern, oftmals mit dem Vieh unter einem Dach. Pragmatisch und erfinderisch wie die Erzgebirger sind, erdachten sie sich innovative Wege zur Verbesserung der Raumluft, was zuweilen notwendig schien. Aus Holzkohlepulver oder Holzmehl, Kleister und allerlei Duftstoffen formten sie kleine Stäbchen oder Kegel, die sie anzünden konnten. Beim Verglimmen wurden die Duftstoffe freigesetzt. Bei der Wahl der Düfte griffen sie auf Verfügbares zurück: wohlriechende Hölzer, aber auch Weihrauch oder ganz profanes Baumharz von Tannen und Fichten.
Aber wie kommt nun der Räuchermann ins Spiel? Der Bergbau war für viele Familien der Haupterwerb. Reich wurde aber kaum eine Bergmannsfamilie. Während die Männer im Bergwerk schufteten, trugen die Alten, die Kinder und Frauen mit dem Anfertigen und dem Verkauf von Holzspielzeug zum Familieneinkommen bei. Dies ist die Grundlage der erzgebirgischen Volkskunst, wie wir sie heute kennen. Einige damals hoch innovative und produktive Fertigungsverfahren entstanden dabei, mit denen sich die Menschen die Arbeit erleichterten, darunter das Drechseln und Reifendrehen. Oft schufen sie dabei rotationssymmetrische Formen und Grundkörper.
Etwa um 1850 muss einer dieser Drechsler auf die Idee gekommen sein, einen zylindrischen, hohlgebohrten Holzkörper über ein Räucherkerzchen zu stülpen – und plötzlich begann das bis dahin weitgehend rauchfrei verglimmende Kerzchen kräftig zu qualmen. Die Grundidee zum Räuchermann war geboren. Bald wurden die weiteren technischen Details erfunden: der abnehmbare Fuß mit dem feuerfesten Einsatz, die Luftlöcher und die äußere Form mit dem charakteristischen Loch im Mund. Der Grundentwurf des Räuchermannes war damit fixiert. Seitdem entstanden, basierend auf diesem Grundentwurf, Millionen von Räuchermännchen in unzähligen Ausführungen.
Dass unser Exemplar hier auch als ein substöchimetrischer chemischer Reaktor betrachtet werden kann, war seinem Erschaffer vielleicht gar nicht klar.
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