Autoren: Mathias Herrmann | Michael Stelter
Was bleibt nach dem Verglimmen außer Wohlgeruch?
Wenn Sie unserem Räuchermann genau ins Gesicht schauen, dann sehen Sie an den Stellen, an denen der Rauch den Mund verlässt, kleine braungelbe Beläge. Auch im Inneren ist der Räuchermann nach langer Benutzung mit solchen Ablagerungen überzogen. Sie stammen aus der unvollständigen Zersetzung von Bindemitteln und Duftstoffen aus dem Räucherkerzchen. Die hohe Temperatur des Kerzchens lässt diese Stoffe verdampfen, an kälteren Stellen setzen sie sich wieder ab.
In der keramischen Technologie werden – wie Sie ja mittlerweile wissen – verschiedenste organische Hilfsmittel zur Pulveraufbereitung und Formgebung genutzt. Kurz bevor das eigentliche Brennen der Keramik – oder wissenschaftlich: das Sintern mit einhergehender Verdichtung des Formkörpers – im Ofen erfolgt, müssen diese Hilfsstoffe aus dem Formkörper wieder entfernt werden. Das passiert allein schon durch das Erhitzen des Formkörpers. Aber es wird natürlich angestrebt, dass nichts riecht und alle dabei entstehenden Abgase in ungiftige Stoffe wie Wasser und CO2 umgewandelt werden. Es soll also eine vollständige Oxidation ablaufen. Diese Oxidation darf nicht zu schnell erfolgen, da bei einer Oxidation Wärme entsteht. Zu viel Wärme kann zu einer Überhitzung und Rissbildung im Formkörper führen. Deshalb muss die Oxidation der Hilfsstoffe vor dem Sintern genau kontrolliert werden. Das wird durch eine gesteuerte Luftzufuhr, genauer gesagt kontrolliertes und langsames Aufheizen des Ofens erreicht. Sollten dabei schädliche Reststoffe in der Ofenluft verbleiben, werden die Ofenabgase durch eine Nachverbrennung bzw. vollständige Oxidation der Abgase erreicht. Dies kann durch eine Flamme geschehen, durch die die Ofenabgase geleitet werden. Am effektivsten erfolgt das jedoch durch den Einsatz von Katalysatoren.
Neben der oxidativen Entfernung der organischen Hilfsmittel erfordern einige Werkstoffe (z. B. SiC- Werkstoffe, Hartmetalle; Diamantwerkstoffe) die Zersetzung der Hilfsstoffe ohne Luftzufuhr. Sauerstoff würde die chemische Zusammensetzung der Keramiken beim Erhitzen zerstören. Daher gibt es auch Verfahren, bei denen keine vollständige Zersetzung der Bindemittel im Formkörper eintritt, so dass Kohlenstoff erhalten bleibt. Der Prozess ähnelt dann eher dem Verfahren zur Herstellung von Holzkohle – und damit schließt sich der Kreis.
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