Autoren: Axel Rost | Michael Stelter
Wie heiß wird die Räucherkerze? Frag mal den Pyrometer!
Unser Räuchermann erledigt seit Jahrzehnten seinen Dienst. Er besteht aus Holz und in seinem Inneren glüht ein Räucherkerzchen. Wie kann es sein, dass er in all den Jahren nie Feuer fing bei Glut und Holz auf so engem Raum zusammen? Hinter den nächsten Türchen unseres Adventskalenders widmen wir uns diesem Rätsel. Beginnen wir mit dem Räucherkerzchen. Wie heiß wird so ein Kerzchen überhaupt?
Es gibt ein Messegerät, welches Temperaturen messen kann: Das Pyrometer. Ein Pyrometer misst berührungslos die Temperatur von heißen Gegenständen. Dazu wertet es die unsichtbare Infrarotstrahlung aus, die eine heiße Probe aussendet.
Bei jeder Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunkts (0 K) finden in allen Körpern innere Teilchenbewegungen statt. Weil dabei auch in den Atomen und Molekülen elektrische Ladungen bewegt werden, führt das zur Emission elektromagnetischer Wellen. Die Intensität der Wellen hängt von der Temperatur des Probenkörpers ab. Die für die Messung relevante Strahlung liegt im Infrarotbereich. Wir sehen sie also nicht, aber sie verhält sich wie Licht. Deshalb können wir sie über ein optisches System bündeln und mit einem Detektor auswerten.
Wissenschaftlich heißt das: Die Temperaturbestimmung eines schwarzen Körpers erfolgt nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz. Dieses besagt, dass die Strahlungsenergie proportional zur 4. Potenz der Temperatur ist. Da reale Messobjekte selten schwarze Körper sind, wird über den Emissionsgrad ε ihre Abstrahlcharakteristik zur der eines idealen schwarzen Körpers ins Verhältnis gesetzt. Über diese Werte lässt sich nun per Detektor die empfangene Infrarotstrahlung in elektrische Signale umwandeln und als Temperatur ausgeben.
Pyrometrische Temperaturmessung bietet verglichen mit herkömmlichen Messungen, bei denen ein Thermometer oder Messfühler die Probe berühren muss, eine Reihe von Vorteilen. Durch ihr berührungsloses Konzept verfälscht die Messung die Probentemperatur nicht. Die Messung ist an schwer zugänglichen Stellen durchführbar und überzeugt durch sehr kurze Messzeiten. Außerdem befindet sich das gesamte Messsystem außerhalb der heißen Zone und unterliegt damit keinem Verschleiß durch erhöhte Temperaturen. Zusätzlich bietet das Messverfahren die Möglichkeit Temperaturmessung an bewegten Objekten durchzuführen.
Die Keramiker im Fraunhofer IKTS wenden die pyrometrische Messung in vielfältiger Weise an. Bei induktiver Erwärmung metallischer Komponenten zur Herstellung von Metall-Keramik-Verbindungen lässt sich das Temperaturprofil mit Pyrometern deutlich genauer steuern als mit herkömmlichen Thermoelementen. Die Steuerung von Öfen zur Sinterung von Keramik im Temperaturbereich über 1800 °C erfolgt über Pyrometer, welche durch geeignete Sichtfenster die Temperatur im Ofeninneren detektieren. Auch beim Erschmelzen von Gläsern wird die Temperatur der verwendeten Platintiegel mit einem Pyrometer überwacht, um ein Überhitzen der Tiegel zu vermeiden.
In unserem Fall brachten wir einen Metallkörper, die Schraube, induktiv zum Glühen. Sie erhitzte bei mehr als 800 °C die Räucherkerze, sodass sie zu glimmen begann. Welche Temperaturen in so einem Kerzchen genau herrschen, erforschen wir in den nächsten Beiträgen.
Erfahren Sie mehr zur Fügetechnik und AVT, wo unter anderem der Pyrometer zur Überwachung der Temperatur verwendet wird.
Hier entlang geht es zum vorherigen Beitrag: »Luftquader - Räuchermann = Strömungsgebiet«. Hier gelangen Sie zum Nächsten: »Ein Räuchermann läuft rot an«.
Bleiben Sie darüber hinaus informiert: Melden Sie sich gern für unseren Newsletter an, lesen Sie in weitere Blogbeiträge rein oder folgen Sie uns auf LinkedIn, Instagram und YouTube. Wir freuen uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.