Autor: Anika Peucker
Fischen im Teich – Keramische Filtersysteme für das Aquafarming
Der Geruch erinnert an Urlaub und doch weiß jeder gleich, was in den großen Teichanlagen in den Wermsdorfer Teichen produziert wird. Die Rede ist von Fisch in Aquakultur. Hauptsächlich Karpfenarten, aber auch Stör, Hecht und Zander züchten die Farmer. Naturnah, artgerecht – das schon seit 1502, zumindest wurden die Teiche damals erstmals urkundlich erwähnt! Die Wermsdorfer Anlage war aber keineswegs die erste ihrer Art. Bereits im 11. Jh. betrieben Mönche in Mitteleuropa extensiv Karpfenteichwirtschaft – eine Frühform des Aquafarmings. Warum? Nun sicherlich aus mehreren Gründen. Allgemein aber gilt Fisch und Seafood insgesamt als gesund, denn es liefert uns die guten Omega-3-Fettsäuren, versorgt uns mit hochwertigen Proteinen und ist reich an wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen. Das gesunde am Fisch kannten wahrscheinlich auch schon die Mönche.
Seafood-Bedarf ohne Aquafarming nicht zu decken
Die werthaltigen Nährstoffe im Fisch sind mit ein Aspekt, weshalb der Seafood- bzw. Fischkonsum weltweit steigt. Laut dem Fisch-Informationszentrum betrug der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland 2015 ca.14 kg. Weltweit wurde durchschnittlich sogar bereits 2014 die 20-kg-Marke geknackt – so die jüngst publizierten Zahlen. Dieser Bedarf an Fisch und Meeresfrüchten ist ohne exzessives Aquarfarming nicht mehr zu decken. Denn Überfischung der Meere tauchte nicht erst gestern am Problemhorizont auf. Hinzu kommt das Mikroplastik in den Wässern, dessen Ausmaße keineswegs erforscht sind und das über die Nahrungskette auch in unseren Stoffwechsel mit noch nicht abschätzbaren Folgen gelangt.
Fakten also, die neben der wachsenden Nachfrage den Bedarf an kontrolliertem Aquafarming steigen lassen. Schätzungen gehen davon aus, dass langfristig mehr als die Hälfte am weltweiten Seafoodbedarf aus Aquakulturen – vorrangig produziert in Asien und Südamerika – stammen wird. Dies setzt zugleich neue Diskussionen hinsichtlich Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit frei, die zwingend geführt werden wollen. Aber auch Fragen nach der Importabhängigkeit Deutschlands, denn in Sachen Fisch und Fischereierzeugnissen sind wir einfach ein Importland! In 2015 lagen die importierten Fischereiprodukte bei 87 Prozent. Das entspricht einem Volumen von rund 0,94 Millionen Tonnen mit einem Wert von 4,3 Milliarden Euro. Was könnte daher forschungsseitig die heimische Aquafarmingwirtschaft unterstützen, die Produktion in Deutschland anzukurbeln, um importunabhängiger zu werden, dabei jedoch den Blick auf Nachhaltigkeit nicht zu vernachlässigen?
Off-Flavour verursacht erdigen Geschmack bei Fischen
Eine Herausforderung, mit dem das Aquafarming kämpft, ist der Frischwasserbedarf in technischen Anlagen. Dazu muss man wissen, dass Aquafarming sowohl in geschlossenen Kreislaufanlagen, als auch in offenen Systemen mit Umgebungskontakt betrieben werden kann. Das Frischwasserproblem betrifft hauptsächlich die geschlossenen Kreislaufsysteme. Jedoch können nur in ihnen alle Parameter verlässlich kontrolliert und Umweltauswirkungen, wie Überdüngung von Meeren und Gewässern, vermieden werden. Allerdings kommt diese Überdüngung, d.h. die Anreicherung bestimmter organischer Verbindungen, eben auch in geschlossenen Systemen vor. Wie? Nun hervorgerufen beispielsweise durch die Zersetzung der Tierfäkalien, Futtermittelreste, fehlende Frischwasserzufuhr, etc. Da sie wie in offenen und mit den aktuellen Filtersystemen nicht bzw. nur unzureichend abfließen können – was das Problem eben nur verlagert – nehmen die Tiere einen erdigen, muffigen Geschmack an. Man nennt dies das Off-Flavour-Problem. Solche Fischprodukte schmecken keinem so richtig. Sie werden von uns Verbrauchern im Verkauf nicht akzeptiert, was bedeutet: Die Aquafarmer müssen augenblicklich die Tiere vor der Schlachtung mehrere Tage in einem Becken mit permanenter Frischwasserzufuhr in Trinkwasserqualität und ohne Futtergabe halten. Das ist aufwendig, wasser-, energie- und kostenintensiv und zahlt nicht gerade auf unseren nachhaltigen Umgang mit unserem kostbaren Gut Wasser ein.
Antibiotika bei Seafood
Ein weiteres Problem der Aquafarmen ist die Chemie. Zwar sind die Farmer in Deutschland und der EU an hohe Standards gebunden, dennoch gelangen beispielsweise Antibiotika und andere Tierarzneimittel über die Fische und Meeresfrüchte – natürlich nicht nur – in unsere Nahrungskette. Die Folgen solcher ineinandergreifenden Nährstoffkreisläufe sehen wir bereits, wenngleich wahrscheinlich bisher nur die Spitze des Eisbergs. Umso drängender brauchen wir Lösungen, die uns nachhaltig, ressourcenbedacht und gesundheitsstärkend weiterhin Seafood ohne Reue genießen lassen.
Die nächste Qualitätsstufe des Aquafarmings
In einem Gemeinschaftsprojekt mit Partnern aus Forschung und Industrie, darunter die Wermsdorfer Fisch GmbH, die Westsächsische Hochschule Zwickau und die Eilenburger Elektrolyse- und Umwelttechnik GmbH, entwickelten unsere Wissenschaftler um Dr. Burkhardt Faßauer eine Filtertechnik, die das Wasser in Aquakulturen reinigt und gleichzeitig die darin enthaltenen Verunreinigungen adsorbiert. Herzstück unseres Filters ist ein ausgeklügelter Membranadsorber, der auf einer feinfilternden Keramikmembran basiert. Diese Membrankombination hält auch winzige Spurenstoffe, die bisher von keinem Adsorbermaterial aufgefangen werden konnten, zurück. Das kostbare, gereinigte Wasser hingegen lässt er durch. Es fließt in Frischwasserqualität in die Fischbecken zurück. Der verunreinigt, beladenen Membranadsorber wird zusätzlich in-situ mit heißem Dampf behandelt. Damit steht er dem nächsten Reinigungszyklus wieder sauber zur Verfügung. Mit dieser Methode erarbeiteten die Forscher eine ressourceneffiziente, stabile, nachhaltige, aquatische Kreislaufwirtschaft, mit der ein Teil der Herausforderungen von Aquakulturen behoben werden können. Das Aquafarming könnte somit sein nächstes Qualitätslevel erreichen.
Die regenerierbare, adsorptive Keramikmembran schielt Richtung Praxistest
Was planen die Projektpartner um Burkhardt Faßauer? Der Praxistest in größeren Aquakulturanlagen steht ad eins auf der Agenda sowie der Bau einer Versuchsanlage im halbtechnischen Maßstab. Die Wissenschaftler forschen weiter, um die Verfahrenskombination aus Aktivkohleadsorption und Membranfiltration auch für andere Arten der Fischzucht sowie darüber hinaus profitabel und nachhaltig verfügbar zu machen. Denn viele von ihnen lieben Fisch!
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