Autor: Anika Peucker
EMBATT – Die Batterie für Elektroautos der nächsten Generation
Urlaubszeit. Volle Straßen. Der Staubericht im Radio ist ellenlang. Die Kinder auf dem Rücksitz quengeln und auch man selbst wird madig. Das kommt Ihnen bekannt vor? Bestimmt! Denn nahezu jeder fuhr schon einmal mit dem Auto in Urlaub. Laut einer repräsentativen Umfrage der Aral AG war 2016 der Pkw das beliebteste Reiseverkehrsmittel unter den ca. 1.200 Befragten. Fast die Hälfte plante mit ihm zu vereisen, unter den Deutschlandurlaubern sogar 71 Prozent. Aber auch EU-Reisende wollten zu fast einem Drittel mit dem Auto fahren. Die Mehrheit der Autourlauber steuerte dabei Ziele in 500 bis 2.000 Kilometern Entfernung an. Vermutlich waren die meisten von ihnen in einem Auto mit Verbrennungsmotor unterwegs, denn die Elektroautos geizen derzeit noch mit Reichweite. Doch was wäre, wenn sie in ein paar Jahren von Dresden nach Paris mit nur einer Batterieladung fahren könnten? Wären mehr Fahrzeuge und auch das Ihre dann ein »Stromer«?
Bis 1000 Kilometer mit einer Batterieladung
Unsere Wissenschaftler meinen: Es kann uns in einigen Jahren gelingen! Dann sollen bis zu 1.000 Kilometer mit einer Batterieladung möglich sein. Doch wie können die Chemiker, Techniker und Ingenieure um Dr. Mareike Wolter die Reichweite verdoppeln? Denn derzeit gehandelte Batteriesysteme auf Lithium-Ionen-Basis erreichen maximal 500 Kilometer mit einer Aufladung. Und dies auch nur, wenn Material und Verarbeitung von hoher Qualität und erstklassig aufeinander abgestimmt sind. Darüber hinaus gibt es zu wenige Ladestationen, ebenso sind die Akkus noch verhältnismäßig teuer. Das hält viele vom Kauf eines E-Autos ab.
Realisiert werden sollen die geplanten 1.000 Kilometer durch ein neues Batteriekonzept. Die Forscher spickten dafür bei der Brennstoffzelle und adaptierten den Aufbau auf die Lithium-Ionen-Batterie. Konkret geht es um das Bipolar-Prinzip, also um das Design bipolarer Elektroden – das Herz der Energiespeicherung. Im Labormaßstab funktionieren sie bereits. Nun folgt die Skalierung auf Technikumsniveau bevor komplette Batteriezellen direkt ins Chassis der Autos eingebaut werden.
Das Bipolar-Prinzip
Beim bipolaren Ansatz sind die einzelnen Batteriezellen nicht kleinteilig getrennt nebeneinander aufgereiht, sondern großflächig direkt übereinander gestapelt. Der gesamte Aufbau für Gehäuse und Kontaktierung, den jede einzelne der heutigen Zellen braucht, entfällt. Das spart Platz, Gewicht und Geld. So passen mehr Akkus in ein Auto. Durch die direkte Verbindung der Zellen im Stapel fließt der Strom über die gesamte Fläche der Batterie, was den elektrischen Widerstand senkt und die Leistung erhöht.
Die Bipolarelektroden sind dabei so konstruiert, dass sie Energie sehr schnell abgeben und wieder aufnehmen. Möglich wird dies durch eine metallische Folie, die mit keramischen Speichermaterialien im Rolle-zu-Rolle-Verfahren beidseitig beschichtet wird. Die keramischen Werkstoffe liegen zunächst als Pulver vor. Die Wissenschaftler mischen es mit Polymeren und elektrisch leitfähigen Materialien zu einer Suspension. Die speziell entwickelte Rezeptur bedingt, dass eine Elektrodenseite zur Anode, die andere zur Kathode wird. Damit teilen sich zwei in Reihe geschaltete Zellen die Ableiter.
Um die Zellfertigung perspektivisch weiter zu vereinfachen, entwickelt das Team auch Technologien, die den Auftrag eines keramischen Separators direkt auf die Elektrode erlauben. Die Bipolarbatterie kommt dann ohne zusätzlichen Separator aus.
EMBATT – ein Gemeinschaftsprojekt
Ein solch umfangreiches Projekt wie EMBATT ist aber nicht alleine zu stemmen. Deshalb schlossen wir uns dafür mit thyssenkrupp System Engineering und IAV Automotive Engineering zusammen. Wir entwickeln die Elektroden und Elektrodenmaterialien, thyssenkrupp entwirft Prozess- und Anlagenlösungen und IAV konstruiert die Konzepte, um Batterien in die Elektroautos zu integrieren. Bis 2020 streben wir gemeinsam erste Tests im Fahrzeug an. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Sächsische Aufbaubank (SAB) fördern EMBATT mit zwei Projekten.
Eine Aufholjagd mit offenem Ausgang
Gelingen diese und weitere Projekte zur Elektromobilität, an denen deutschlandweit gerade intensiv geforscht wird, könnten wir den Vorsprung der Forscher aus Asien einholen. Künftige E-Flotten von Mercedes, BMW, VW, AUDI und Co. führen dann bestenfalls mit heimischen Akkus. Der Umbau der Konzerne und die damit einhergehenden Veränderungen der Arbeitsplätze würden leichter fallen – vorausgesetzt wir sind bereit für eine Strukturwandel. Wenn wir offen sind, Beschäftigten in der Motorenfertigung umzuschulen, neue Ausbildungszweige zu entwickeln und in neuen Berufen zu denken, könnten sich insgesamt Verlust und Gewinn an Arbeitsplätzen die Waage halten und perspektivisch sogar weitere Stellen schaffen. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie des Fraunhofer ISI über die Chancen für unseren Wirtschafsraum, die die Elektromobilität bietet.
Aber zurück zu EMBATT: Der Erfolg des Gesamtprojektes hängt auch wesentlich von weiteren Finanzierungen ab. Zudem muss es den Forschern gelingen die richtigen Keramikkomponenten zu entwickeln, zu mischen und letztendlich zu einem Preis in die Serienfertigung zu überführen, der für Autokonzerne und Käufer akzeptabel ist. Wichtig wird außerdem sein, wie schnell die neuen reichweitenstarken, kostengünstigeren Batterien zur Verfügung stehen. Denn gerade die Dieselaffäre fordert uns heraus und zeigt: Die Forscher anderen Orts schlafen nicht. Sie entwickeln just in diesem Moment in Garagen oder Hightech-Fabriken bereits den nächsten disruptiven Elektroantrieb.
Erfahren Sie mehr zu EMBATT, unserer Forschung zu Batterien und Elektromobilität. In unseren Industrielösungen zur Lithium-Ionen-Batterie haben wir wesentliche Informationen für Sie zusammengestellt. Diskutieren Sie mit uns darüber auf Facebook, Twitter und im IKTS-Blog. Was sind Ihre Meinung und Erfahrungen zur Elektromobilität? Welche Chancen und Risiken sehen Sie in Elektroautos? Sind E-Autos für Sie ein Transportmittel der Zukunft?
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