Autor: Anika Peucker
Ein Stich, der Leben retten kann
Die Vorlesung? Fällt aus. Das aber mit gutem Gewissen, denn an einem solchen Tag steht für uns Fraunhofer-Mitarbeiter etwas anderes im Vordergrund: Mission Leben retten! Wie? Mit unserem Blut. »Uns« das sind wir Kolleginnen und Kollegen vom Fraunhofer IFAM, IWS, FEP und IKTS, die hier auf dem Fraunhofer-Campus in Gruna zusammen arbeiten. Damit möglichst viele spenden können, haben wir just einmal den IWS-Hörsaal zur Blutspendezentrale umgebaut. Aber halb so schlimm. Der Blutspendedienst des DRK, der die Aktion organisiert, betreut uns professionell. Der Ablauf ist strikt geregelt – Anmeldung mit Ausweis, Fragebogen ausfüllen, Hämoglobinschnelltest, Temperatur messen, das Arztgespräch, Blut nehmen für Laborwertbestimmung und Infektionsausschluss, dann die Spende. Einen halben Liter! Für die medizinischen Fachkräfte heißt es, Nadeln setzen, eine nach der anderen und dies mehr als vier Stunden lang. Glücklicherweise stehen genügend Personal und Liegen bereit, um es den Spendern so angenehm wie möglich zu machen und die Stationen zügig zu durchlaufen. Schließlich zählt jeder Tropfen! Doch warum spendet eigentlich jemand Blut?
Hauptmotiv ist – darüber sind sich alle Befragten einig: Etwas Gutes tun und helfen wollen! So eine vor Ort-Aktion des DRK direkt am eigenen Arbeitsplatz bietet uns mit sehr geringem Aufwand genau diese Möglichkeit. Wirtschaftlich gesehen, heißt das wohl: Emotionale Gewinnmaximierung. Der Einzelne schafft sich einen hohen ideellen Wert bei niedriger Hemmschwelle. Lediglich etwas Zeit müssen wir investieren, die uns die Institutsleitung obendrein im Rahmen der Gesundheitsvorsorge zur Verfügung stellt. Das schätzen wir, wie auch das gemeinschaftliche Engagement über Institutsgrenzen hinweg. Viele spenden regelmäßig. Bei einigen liegt die letzte Blutabgabe eine Weile zurück. Sie nehmen die Aktion jedoch zum Anlass, wieder einzusteigen. Und dann gibt es noch die Neuspender. Die Professionalität im Ablauf bekräftigt ihre Entscheidung und signalisiert ihnen zugleich ein wohligeres Gefühl. Gerade, wenn sie im Hinterkopf an Organ- und andere medizinischen Skandale denken, die ihre Runden durch die Medien drehen, ist Sicherheit und Qualität das fundamentale Rückgrat und essentieller Entscheidungsfaktor.
Mit einer Blutabnahme dreifach helfen
Wussten Sie eigentlich, dass Sie mit einer Spende gleich drei Mal helfen? Ihr Vollblut wird nämlich in drei Bestandteile zerlegt, in Blutplasma, Erythrozyten, also die roten Blutkörperchen, und Thrombozyten, die Blutplättchen. Darf eigentlich jeder spenden? – Nein. Ein paar Kriterien gibt es schon. Gesund sein versteht sich von selbst. Ein weiteres ist das Gewicht. Erst ab 50 Kilogramm darf gespendet werden. Das hängt mit der Menge an Blut zusammen, die abgenommen wird, wie Schwester Mareen und Sabine erklären. Bei einem Gewicht unter 50 Kilo würde die »abgezapfte« Menge mehr als 10 Prozent des Körperbluts betragen. Das schwächt ihn unnötig. Außerdem sind Tätowierungen und Piercings innerhalb der letzten vier Monate tabu, da Entzündungsreaktionen verstärkt auftreten.
Das Blutspenden bietet dem einzelnen aber noch mehr praktische Vorteile. Jeder Spender erhält einen Blutspendeausweis. In einer Notsituation kann der Ausweis ein wichtiger Zeitfaktor sein, gar überlebenswichtig, um schnell die richtigen Blutkonserven zu erhalten. Ärzte und Rettungskräfte greifen auf die auf der Chipkarte gespeicherten Daten zu, tauschen sich noch von unterwegs mit der Erstversorgungsklink aus, sodass vorausschauend und zielgerichtet Maßnahmen eingeleitet werden können.
Das DRK fand ihren Zwischenstopp bei uns mit stattlicher Ausbeute sichtlich gelungen. Die Schwestern verrieten nämlich, dass sich die Firmen und Institute manchmal zieren. Deshalb wünschen sie sich mehr Blutspendeförderung von Organisationen. In den Achtzigern und Neunzigern schien dies anders gewesen zu sein. Die Bereitschaft auf Unternehmens- und Institutsebene lag höher. Doch wie wir erfuhren, gibt es bereits Nachahmer unter den Dresdner Fraunhofer-Instituten, die unser Debut aufgreifen. Das freut uns sehr. Hier auf dem Campus war es eine prima Sache, weitere folgen sicherlich. Wir spürten nur einen Stich, der jedoch im Zweifel lebensrettend – auch einmal für uns selbst – sein kann.
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