Autor: Anja Ziesche

Chemie für die Energiewende

Wenn ich früher an das Schulfach »Chemie« gedacht habe, ist mir »Keramik« nicht zwingend als Erstes eingefallen. So geht es sicher auch den 50 Schülerinnen und Schülern, die unseren Hermsdorfer Standort des Fraunhofer IKTS besuchen. Als Teilnehmer der 13. Jenaer Sommerschule[1] gehen die Schülerinnen und Schüler der 10. und 11. Klasse aus dem Freistaat Thüringen sehr komplexen Fragen auf den Grund: Wie kann die Energiewende gelingen? Wie lässt sich beispielsweise elektrische Energie kostengünstig und nachhaltig speichern oder das Sonnenlicht noch effizienter nutzen? Und vor allem: Was hat das alles mit Keramik zu tun?, denken sich 50 konzentrierte Schüler.

Unser kleiner Vorlesungssaal ist bis auf den letzten Platz gefüllt und Dr. Ingolf Voigt, Standortleiter des Hermsdorfer Institutsteils, erklärt, dass schon seit 120 Jahren in Hermsdorf technische Keramik hergestellt wird. Heute sind durch die unermüdliche Forschung am Fraunhofer IKTS beispielsweise Membranen aus Keramik in der Lage, Wasser von den kleinsten Schmutzpartikeln zu reinigen. Damit kann man selbst das giftigste Abwasser nach einer Nanofiltration bedenkenlos trinken.

 

Doch wie kann man die Energiewende mit Hilfe von Keramik unterstützen?

Dr. Voigt fragt schmunzelnd, ob sich jemand vorstellen könne, dass es Batterien aus Keramik gibt. Davon haben die Schülerinnen und Schüler tatsächlich noch nie etwas gehört.

Dr. Voigt berichtet von der Batterie »cerenergy«®, die derzeit am Fraunhofer IKTS entwickelt wird. Ursprünglich stammt die Idee dieser Natrium-Nickel-Chlorid-Batterie (Na/NiCl2) aus den 1980er Jahren und wurde nun wieder aufgegriffen, weil diese Energiespeichersysteme aus kostengünstigen und gut verfügbaren Rohstoffen bestehen. So wird die Speicherkapazität in Na/NiCl2-Batterien durch den Gehalt an NaCl (Kochsalz) definiert. Weitere wesentliche Bestandteile sind ein keramischer Na‑Ionen leitender Elektrolyt aus einem dotierten Aluminiumoxid sowie Nickel und Eisen. Die Batterien sind frei von Seltenen Erden oder anderen strategischen Rohstoffen. Mit einer Energiedichte von ca. 130 Wh/kg (auf Zellebene) kann die Keramische Batterie durchaus auch einem Vergleich mit Lithium-Ionen-Batterien Stand halten. Die Arbeitstemperaturen von 300 °C werden durch eine gestützte Vakuumisolation verlustarm realisiert und im Betrieb vom Endverbraucher nicht wahrgenommen. Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien können die cerenergy®-Batterien daher auch unter extremen Umgebungsbedingungen ohne Klimatisierung eingesetzt werden. Jedoch wird zukünftig kein Elektroauto mit einer Natriumbatterie betrieben werden, da diese für einen mobilen Einsatz zu schwer sind. Wenn die Entwicklungsphase beendet ist, können sie aber an Windparks, Photovoltaikanlagen oder Wasserkraftwerken stehen und überschüssige Energie speichern.

Beim Institutsrundgang im Membranenlabor.
© Fraunhofer ITKS
Beim Institutsrundgang im Membranenlabor.
Im Kathodenlabor: Benjamin Schüssler erklärt den Zusammenbau des Batteriezellensystems cerenergy®.
© Fraunhofer ITKS
Im Kathodenlabor: Benjamin Schüssler erklärt den Zusammenbau des Batteriezellensystems cerenergy®.
Im Syntheselabor: Martin Grund beschreibt die Funktionsweise der Keramik in der Batterie cerenergy®.
© Fraunhofer ITKS
Im Syntheselabor: Martin Grund beschreibt die Funktionsweise der Keramik in der Batterie cerenergy®.


Um sich mit der Herstellung der Batterien tiefgreifender zu befassen, geht es nach dem Vortrag von Herrn Dr. Voigt in die Labore. Jeder bekommt einen Kittel und dann erklären Benjamin Schüssler, Martin Grund und Karl Skadell – alle drei Wissenschaftler am Fraunhofer IKTS – die Besonderheiten der Natrium-Batterie und, was viel spannender zu sein scheint, wie sie im Labor, oder noch genauer in Gloveboxen, hergestellt werden.

Am Ende des Besuchs berichten mir drei Schüler, dass sie unser kleines Programm sehr spannend fanden und sich auch vorstellen könnten, ein Studium in Richtung Chemie oder Physik aufzunehmen – was für ein toller Lohn für den Besuch und ein großartiger Abschluss des Tages!

Wenn auch Sie einmal den Wissenschaftlern bei einer Exkursion über die Schultern schauen wollen oder ein Thema Sie besonders interessiert, machen wir auch für Sie gern eine Besichtigung unseres Institutsteils in Hermsdorf möglich.

 


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[1] Von der Chemisch-Geowissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem Beutenberg Campus e. V. organisiert.