Autor: Sandra Klinkmann

Aus Kohlenstoffdioxid wird Biowachs

Marktanteile klassischer und Natur-/naturnaher Kosmetik im Zeitverlauf 2012 - 2016 und Vergleich.
Marktanteile klassischer und Natur-/naturnaher Kosmetik im Zeitverlauf 2012 - 2016 und Vergleich.

Generation Y. Zu dieser Generation gehöre auch ich. Einiges wird uns unterstellt. Eine viel zitierte Behauptung ist: Wir werden wieder umweltbewusster. In allen Bereichen meines Lebens versuche auch ich, Naturprodukte zu verwenden und auf die Umwelt zu achten. Gerade im Bereich Kosmetik ist mir dieses Thema besonders wichtig, denn jeder, Sie eingeschlossen, nutzt täglich Kosmetika. Und das nicht wenig; halten Sie doch mal einen Moment inne und denken Sie daran, wie viele Kosmetikprodukte Sie selbst besitzen und Tag täglich nutzen. Genau deswegen ziehe ich Naturkosmetik herkömmlicher Kosmetik vor.

Aber was genau unterscheidet klassische von Naturkosmetik? Naturkosmetikprodukte enthalten keine synthetischen Inhaltsstoffe. Das macht die Produkte verträglicher und weniger schädlich für die Umwelt. Übrigens, der Marktanteil für Natur- und naturnahe Kosmetik im Gesamtmarkt ist gar nicht mal so klein. Laut Statista betrug er 2016 bereits über 16 Prozent – Tendenz steigend. Auch werden immer mehr Hersteller mit verschiedensten Naturkosmetikgütesiegeln zertifiziert.

Als ich mich in der Mittagspause mit meinen Kollegen über dieses Thema unterhielt, erzählten sie mir, dass wir am Fraunhofer IKTS gerade versuchen, mit Fischer-Tropsch-Synthese Wachse oder Alkohole herzustellen. Solche Wachse könnten später beispielsweise in der Kosmetikindustrie eingesetzt werden. Davon hatte ich noch nie zuvor gehört, wollte nun aber natürlich mehr darüber wissen.

 

Das Fischer-Tropsch-Verfahren

Die Fischer-Tropsch-Synthese ist ein fast 100 Jahre altes Verfahren. Die Synthese wandelt unterschiedliche, aber erneuerbare Kohlenstoffquellen wie Kohle, Erdgas oder Biomasse zu einem synthetischen Gas um, was den Verbrauch an fossilen Stoffen reduziert. Eine mögliche Quelle für Kohlenstoff könnten zum Beispiel Biogasanlagen sein, denn bei der Herstellung des Biogases fällt Kohlenstoffdioxid an. Momentan ist das COnur ein Neben- bzw. Abfallprodukt. Durch das Fischer-Tropsch-Verfahren kann dieses »Abfallprodukt« zu Wachs weiterverarbeitet werden. Das neuartige an diesem Verfahren ist, dass nun Wachse hergestellt werden können, die nicht auf Erdöl basieren; hiervon sind natürlich Tier- oder Naturwachse ausgeschlossen.

Laboranlage zur Methanisierung und Fischer-Tropsch-Synthese.
© Fraunhofer IKTS
Laboranlage zur Methanisierung und Fischer-Tropsch-Synthese.

Das Fraunhofer IKTS selbst arbeitet an der Fischer-Tropsch-Synthese, um das Verfahren effizienter zu machen. Hierbei geht es nicht nur um die Entwicklung von neuen, besseren Katalysatoren und Katalysatorstrukturen, sondern auch um deren unkomplizierten Austausch. Die neuen Katalysatorstrukturen bestehen aus einer keramischen Folientechnologie. Diese keramische Folientechnologie erlaubt es, die Verweildauer und den Temperaturgradienten zu kontrollieren, wodurch die Qualität der Wachse sichergestellt werden kann.

Aktuell werden zwei neue Prozessketten konzeptionalisiert und in Pilotstudien, finanziert von der EU und dem Bundesland Sachsen, erprobt. Sie demonstrieren die Herstellung der Wachse per Fischer-Tropsch-Synthese. Die Pilotstudien sind essentiell, um die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens zu bestimmen.  

Welche Vorteile weisen Wachse auf, die bei der Fischer-Tropsch-Synthese gewonnen wurden? Sie unterscheiden sich von herkömmlichen Wachsen, wie zum Beispiel Bienenwachs, Jojobaöl oder aber synthetischen Wachsen wie Paraffine in ihrer Herstellung.

So werden die »Fischer-Tropsch-Wachse« nicht etwa als Hauptprodukt, sondern beiläufig aus einem »Abfallprodukt« – dem Kohlenstoff – synthetisiert. Das verspricht eine optimale Ressourcennutzung. Wir verschwenden nichts! Darüber hinaus eignen sich die Wachse besonders für den Einsatz in der Kosmetik, da sie frei von aromatischen Verbindungen sind. Damit sind diese Wachse für Allergiker besser verträglich.

 

»Fischer-Tropsch-Wachse« – eine echte Alternative?

Dass bald Wachse genutzt werden, die im Fischer-Tropsch-Verfahren hergestellt wurden, ist noch Zukunftsmusik, denn die Wirtschaftlichkeit der Produktion muss erst noch nachgewiesen werden. Dennoch ist die Idee von einer alternativen, umweltverträglichen Quelle gegenüber erdölbasierten Wachsen aufregend und attraktiv, insbesondere beim Gedanken an die weiter sinkenden, von Menschenhand geschröpften Erdölvorkommen.