BMBF-Projekt »Hybrid-Bone« gestartet
Den Betroffenen mit Knochendefekten Hoffnung geben: Das wollen Forschende der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Kiel, der Universität Leipzig und Universitätsmedizin Rostock sowie des Fraunhofer IKTS. Sie entwickeln im Rahmen des Projekts »Hybrid-Bone« personalisierbare keramische Knochenersatzmaterialien und -strukturen zur verbesserten Regeneration im Gesichtsschädelbereich. Administrativ unterstützt von der Starter GmbH wird »Hybrid-Bone« vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über eine Laufzeit von drei Jahren mit 1,5 Millionen Euro gefördert.
Knochendefekte im Gesichtsschädelbereich gehen häufig mit ästhetischen und funktionellen Beeinträchtigungen einher. Bislang werden zur Rekonstruktion körpereigene Knochentransplantate, zum Beispiel vom Wadenbein oder aus dem Beckenknochen, verwendet. Diese bieten jedoch nur eine ungenügende Wiedergabe der komplexen Anatomie des Gesichtsschädels.
Neuer Ansatz für Knochenregeneration
Im Projekt »Hybrid-Bone« werden personalisierbare und somit passgenaue, mechanisch stabile Knochenersatzmaterialien mit Wachstumsfaktoren im degradierbaren Teil des Hybrid-Gerüsts kombiniert, wodurch eine programmierte Stimulierung der Knochenregeneration ermöglicht wird. Zudem sollen die künstlichen Knochenersatzmaterialien technisch so weiterentwickelt werden, dass die natürliche Kraftverteilung im jeweiligen Knochen berücksichtigt und der Biomechanik mehr Rechnung getragen wird. Kau- und Muskelkräfte spielen eine große Rolle bei den immerwährenden Auf- und Abbauvorgängen von Knochengewebe, sodass auch die geplante Nachahmung der natürlichen Knochenarchitektur eine Voraussetzung für Langzeitstabilität bietet.
Für das Verfahren wird zunächst der Knochendefekt durch eine dreidimensionale Bildgebung erfasst und analysiert. Mithilfe von virtueller OP-Simulation lässt sich ein für den jeweiligen Defekt passgenaues Gerüst, ein sogenanntes Scaffold, entwickeln. Dieses wird anschließend durch eine Verfahrenskombination aus additiver Fertigung und Schäumung aus verschiedenen Werkstoffen und Strukturkomponenten gefertigt, wie nachfolgend erläutert (vereinfacht in Abb.1).
Additive Fertigung und Gefrierschäumung von keramischem Knochenersatz
Am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS kommen das Pulverbett-basierte Binder Jetting CerAM BJ und die Bad-basierte Photopolymerisation CerAM VPP zur Herstellung lasttragender, dichterer Stützstrukturen zum Einsatz. »Im Rahmen des Projekts soll erarbeitet werden, welches das geeignetste 3D-Verfahren im Hinblick auf mechanische Festigkeit und Biokompatibilität für die hier angestrebte Anwendung ist«, erklärt Dr. Matthias Ahlhelm, Projektleiter am IKTS. Die gefertigte Stützstruktur wird anschließend mit einer der Kieferform nachbildenden porösen und degradierbaren Calciumphosphat-Keramik ausgeschäumt. Hierfür setzt das Fraunhofer IKTS das sogenannte Gefrierschäumen ein, welches das Aus- und Umschäumen jedes pulverförmigen Materials in endformnaher Struktur erlaubt. »Die so hergestellte »Knochenkeramik« dient als Leitstruktur, in welcher körpereigene Zellen einwachsen sollen«, so Dr. Ahlhelm. In einem gemeinsamen Wärmebehandlungsverfahren verschmelzen beide Strukturkomponenten schließlich zu einem hybriden Knochenkonstrukt.
Der poröse keramische Schaum wird anschließend mit Wachstumsfaktoren, sogenannten Bone Morphogenetic Proteins, biologisiert, um den Regenerationsvorgang anzuregen bzw. zu beschleunigen. Im Körper eingesetzt soll diese poröse Knochenkeramik nach und nach abgebaut und durch körpereigenes Knochengewebe ersetzt werden. Dieses verwächst mit den länger verbleibenden Komponenten des Scaffolds, den innenliegenden lasttragenden Streben.
Neben der hybriden Knochenstruktur werden auch biokompatible Materialhybride aus Titanlegierung-Calciumphosphat und Zirkondioxid-Calciumphosphat zum Einsatz kommen. Perspektivisch soll das Vorgehen auch auf andere knöcherne Strukturen, wie zum Beispiel auf die Wirbelsäule oder Gliedmaßen übertragbar sein.
Förderkennzeichen: 03VP07633