Die Formnext gilt als einer der größten Anlaufpunkte im Bereich der additiven Fertigung. Auf der Messe sind viele neue und beliebte Technologien der Branche zu sehen, u.a. 3D-Drucker, 3D-Materialien und 3D-Scanner.
Frankfurt am Main
19. November 2024 - 22. November 2024
Aufgrund des Eigenschaftsportfolios, hoher E-Modul, hohe Härte und hohe Festigkeit, eignen sich keramische Materialien bekanntermaßen für Schutzausrüstung und Panzerung im wehr- und sicherheitstechnischen Umfeld. Das Fraunhofer IKTS bietet dabei einige Varianten additiver Formgebungsverfahren des sog. CerAMfacturings an, bei denen durch Hybridisierung von Materialien oder Verfahren komplexe Bauteile mit geringen oder mittleren Stückzahlen hergestellt werden können. Von besonderem Interesse sind leichtgewichtige Ausrüstungen hoher Härte gefertigt aus SiC und B4C zum passiven Körperschutz. Hierfür werden additive Formgebungsmethoden zur Herstellung großvolumiger Bauteile, wie das pulverbettbasierte Binder Jetting (BJT) und das materialextrudierende Fused Filament Fabrication (FFF) eingesetzt. Einen besonders guten ballistischen Schutz bieten Diamant/SiC-Composite an, die im Moment Hauptgegenstand aktueller Untersuchungen sind.
Die bedarfsgerechte Versorgung von Patienten in Hinblick auf ein langes und aktives Leben ist eng mit der Individualisierung von Implantaten verknüpft. Kriterien wie eine größtmögliche Passgenauigkeit für den individuellen Knochen, Einzelfertigung in der Gesichtschirurgie bis hin zu Fällen, in denen die Knochen-substanz ein Standardrevisionsimplantat nicht mehr zulässt, führen zu Lösungen für patientenspezifische Implantate in Kombination mit individueller 3D-Operationsplanung.
Individualisierte Implantate sind speziell im Bereich der Kleingelenke, in denen es bisher kaum Standardimplantate gibt und die Versteifung die Standardtherapie ist, ein großer Hoffnungsträger. Denn Gelenkversteifungen führen zum Verlust von Lebensqualität. Für Siliciumnitrid-Implantate greift das IKTS beispielsweise auf hochauflösende 3D-Drucktechnologien wie die Wannen-Photopolymerisation (VPP) zurück. Damit lassen sich filigrane Strukturen und Strukturierungen mit einer hohen Genauigkeit umsetzen. Voraussetzung dafür sind die am Fraunhofer IKTS entwickelten Siliciumnitrid-Suspensionen, die das Drucken der biokompatiblen Siliciumnitrid-Qualität erst ermöglichen.
Harsche Umgebungsbedingungen mit hohen thermischen, chemischen und/oder mechanischen Belastungen sind in nahezu allen Bereichen der Industrie eine Herausforderung. Hierbei kommen hochintegrierte sensorische Systeme mit metallischen oder polymeren Komponenten an ihre Grenzen und erschweren eine echtzeitbasierte Datenerfassung. Funktionalisierte 3D-Keramikkomponenten dagegen erfüllen die Anforderungen hinsichtlich Robustheit, Miniaturisierung und Zuverlässigkeit. Durch die gezielte Werkstoffauswahl und Kombination aus additiver Fertigung und Dickschichttechnologie vereinen sie Vorzüge, wie chemische und thermische Beständigkeit, hohe Härte, geringe Dichte oder bestimmte biologische Eigenschaften erstmals mit hochkomplexen Geometrien.
Basierend auf der Kombination der keramischen Wannen Photopolymerisation (CerAM VPP) und des Gefrierschäumens wurden passgenaue, mechanisch stabile Knochenersatzmaterialien für den Einsatz als lasttragende Kieferknochen entwickelt. Als Ergebnis von Tierversuchen im Unterkiefer wurde nun ein generisches Hybridimplantat als Demonstrator für den Schweinekiefer entwickelt.
Das Powder Bed Fusion – Laser Beam (PBF-LB) ist ein etabliertes AM-Verfahren im Bereich des Kunststoff- und Metalldrucks. Beim PBF-LB werden Materialien als Pulver durch einen Laser in einem Pulverbett aufgeschmolzen. Durch eine Adaption des Verfahrens ist es dem Fraunhofer IKTS gelungen, das Formgebungsverfahren für die Herstellung von siliziuminfiltrierter Siliziumkarbidkeramik (SiSiC) nutzbar zu machen. Für die Herstellung von Siliziumcarbidkeramik (SiC) hat die PBF-LB bisher keine technische Anwendung gefunden, da SiC nicht schmelzbar ist und bei hohen Temperaturen passivierende Oxidschichten bildet. Dazu wurden SiC-Pulver entwickelt, die aufgrund ihrer Rundheit eine hohe Fließfähigkeit aufweisen und sich ideal für pulverbettbasierte Herstellungsverfahren eignen. Die SiC-Pulver wurden anschließend mit einem speziellen Novolak beschichtet. Dieses Harz ist thermoplastisch schmelzbar und kann auch zu einem Duromer verarbeitet werden. Das Ausgangsmaterial kann mittels einer PBF-LB-Anlage verarbeitet werden. Die so hergestellten Bauteile können nach der additiven Formgebung durch konventionelle Pyrolyse und Silizierung in Siliziumcarbidbauteile mit Eigenschaften, die denen von konventionell formgegebenen Bauteilen entsprechen, überführt werden.
Um mit dem stetig wachsenden Wunsch nach effizienteren und kostengünstigeren Bauteilen auch im Bereich der Luft und Raumfahrt nachzukommen wird zunehmend Fokus auf die Additive Fertigung von komplexen funktionalisierten Bauteilen aus Hochleistungswerkstoffen gelegt. Mit der Multi Material Jetting-Technology am Fraunhofer IKTS kann eine große Anzahl unterschiedlicher Eigenschaftskombinationen in einem Bauteil in einem einzigen Fertigungsschritt realisiert werden. So können elektrisch funktionale, vollkeramische Multimaterialkomponenten zur Verbesserung der Zugänglichkeit zur Luft- und Raumfahrt additiv gefertigt werden. Darunter fallen beispielsweise verschiedene Heiz- und Zündelemente.
Die Nachfrage nach komplexen, funktionalisierten Bauteilen auf der Basis von technischer Keramik und/oder Metallen steigt stetig sowohl im Bereich der Forschung und Entwicklung als auch zunehmend in der Industrie. Ein interessantes Anwendungsfeld ist die Integration von Heizelementen in Bauteile aller Art. Die Additive Fertigung, und im Besonderen das Multi Material Jetting- Verfahren bietet hier eine Vielzahl neuer Möglichkeiten.
Die Möglichkeit der definierten Platzierung von Leiterbahnen an den gewünschten Wärmehotspots und die große geometrische Freiheit erlaubt eine schnelle Änderung der Widerstände und somit leichte Anpassung an elektrische Anschlussmöglichkeiten der Heizelemente. Durch die Kombination von integrierten Kühlkanälen und einer aktiven Kühlung, können so Bereiche mit hohen Temperaturen bis 1000 °C, selektiv von dem Rest des Bauteils abgeschirmt werden.
Durch die selektive Integration von Heizelementen an den notwenigen Stellen, kann die benötigte Leistung um ein Vielfaches reduziert werden. Es muss nicht mehr das gesamte Bauteil erhitzt werden und mit zusätzlicher Energie partiell wieder gekühlt werden. Durch eine entsprechenden Bauteilauslegung können so multifunktionale Bauteile realisiert werden, die wesentlich effizienter sind und gleichzeitig weniger Leistung für den Betrieb erfordern.
Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS