Brasilien: Nachhaltiger Treibstoff für die Luftfahrt
Ein weiteres Projekt haben die Dresdner Fraunhofer-Experten gemeinsam mit Partnern in Südamerika gestartet: Die Brasilianer suchen nach Wegen, um sich von fossilen Abhängigkeiten zu lösen und Flugzeug-Kraftstoffe umweltfreundlich zu synthetisieren. Bei einem Workshop in Dresden stießen sie auf das IKTS und baten um eine praktikable Lösung. Auch hier bauen die Fraunhofer-Forscher zunächst eine Co-Elektrolyse-Kette im Labormaßstab, die für Experimente vor Ort in Brasilien konzipiert ist. Ziel ist es, in der Region eine ganze Kette aufzubauen, die aus Ökostrom, Wasser und CO2 zunächst Synthesegas erzeugt und daraus letztlich E-Kerosin für den südamerikanischen Flugverkehr raffiniert. »Insofern tragen wir mit unserem gemeinsamen Projekt dazu bei, nachhaltiges Know-how in Brasilien aufzubauen«, betont Matthias Jahn.
EU, Südafrika und Australien
Und weitere Projekte sind bereits angelaufen. Dazu gehört das EU-Verbundvorhaben Advanced Materials and Reactors for ENergy storage tHrough Ammonia (ARENHA), das den Einsatz von Synthese-Ammoniak als Energieträger vorantreibt. Im Industriekonsortium Catalyst Research for Sustainable Kerosene (Care-o-Sene) unterstützt das IKTS derweil gemeinsam mit Partnern aus Deutschland und Südafrika die Entwicklung von Fischer-Tropsch-Katalysatoren der nächsten Generation. Sie sollen künftig massenhaft die Ausgangsstoffe für nachhaltige Flug-Kraftstoffe synthetisieren, um fossiles Kerosin nach und nach abzulösen. Ähnliche Vorhaben sind außerdem mit Partnern aus Australien im Gange.
Aus dem Labor in den industriellen Maßstab
»Neben Forschungsinstituten arbeiten an solchen Verbundprojekten mehr und mehr internationale Industrieunternehmen für Hochtemperatur-Elektrolyseure, die sich für deren Kopplung mit modernen Synthese-Reaktoren interessieren«, betonen Jahn und Kusnezoff. Beide Wissenschaftler werten das als klares Indiz dafür, dass sich auf diesem Gebiet weltweit Massenmärkte entwickeln. Dies eröffne nicht zuletzt für den deutschen Mittelstand mit seinen Anlagenbau-Kompetenzen ganz neue Geschäftsfelder und Marktchancen.
Zwar sind größere Elektrolyseure, die auf den älteren Funktionsprinzipien der alkalischen und PEM-Elektrolyse basieren, bereits auf den Weltmärkten verfügbar. Doch die weit effizienteren Hochtemperatur-Elektrolyseure sind bisher nur für niedrige Leistungsklassen und in kleinen Stückzahlen erhältlich. Gebraucht werden in den nächsten Jahren aber Hochtemperatur-Elektrolyseure der Megawatt-Klasse, wenn Deutschland, die EU und andere Länder und Staatenverbünde ihre ambitionierten Ziele für den Umweltschutz und den Aufbau einer potenten Wasserstoffwirtschaft erreichen wollen.
Werkzeugkasten anstelle von »Black Box«
Es ist alles andere als trivial, die neuen Systeme zu komplexen Synthese-Ketten zu verknüpfen. Eine Herausforderung liegt darin, für solche Ketten schon im Entwicklungsstadium deren Funktionsfähigkeit und Parameter zu prognostizieren, um teure Fehlinvestitionen zu vermeiden. Dafür hat das Fraunhofer IKTS eben besondere Kompetenzen akkumuliert. Das geht bis hin zur Automatisierung des Gesamtprozesses wie auch der Elektrolyseur-Produktion. Der entscheidende Punkt ist: Die Dresdner beherrschen technologisch die gesamte Wertschöpfungskette vom Material bis zum hochautomatisierten Prozess. Von daher können sie hocheffiziente Lösungen wie kaum ein anderer Akteur für und mit der Industrie entwickeln. Deshalb ist das Fraunhofer IKTS auch immer wieder als Partner bei der Entwicklung moderner und nachhaltiger Hochtemperatur-Prozesse gefragt.
Milliardenmarkt erwartet
Dass Hochtemperatur-Wasserstofftechnik und daran gekoppelte Syntheseketten in den kommenden Dekaden eine wachsende Rolle spielen werden, davon sind nicht nur die Fraunhofer-Experten überzeugt. So geht beispielsweise das britische Marktforschungs-Unternehmen IDTechEx davon aus, dass der Markt für Hochtemperatur-Brennstoffzellen in den nächsten zehn Jahren auf ein Volumen von 6,8 Milliarden Dollar steigen wird. Hohe Wachstumsraten prognostizieren sie ebenfalls für keramische Elektrolyseure