Multimodale Analytik und automatisierte Bewertung der Kathodenqualität

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
Modellvorhersagen mit ungesehenen Daten, a) Ungesehene Daten, b) Modell-Vorhersage, c) Aktivmaterial, d) Binder.
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Klassenspezifische Dice Scores und mittlerer Dice Score.
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Modellvorhersage für den Testdatensatz mit der NCM-Partikelgrößenverteilung nach Analyse der verbundenen Komponenten: links Rohbild des Tests, rechts Multiklassen-Vorhersagemasken: Grün (NCM-Partikel), Gelb (Bindemittel), Dunkelviolett (Poren).

Für eine beschleunigte Batterieentwicklung verfolgt das Fraunhofer IKTS einen automatisierten Ansatz zur Bewertung der Kathodenqualität mit maschinellem Lernen (ML). Mit diesem soll eine enge Rückkopplung zwischen Komponentenentwicklung, Zelldesign, Charakterisierung und Datenanalyse gewährleistet werden. Das ML-Modell wird so trainiert, dass es die verschiedenen Kathodenkomponenten identifiziert und klassifiziert: NCM (Nickel-Kobalt-Mangan, Aktivmaterial), leitfähige Additive, Poren und Binder. Dies hilft, die einzelnen Komponenten schneller und systematischer zu optimieren und damit die Gesamtleistung der Batterien zu verbessern. Für einen robusten ML-Trainingsdatensatz werden 60 Bilder mit unterschiedlichen Auflösungen aus einer FIB-REM-Tomographie extrahiert. Dies wird durch sequenzielles Schneiden mit dem fokussierten Ionenstrahl und Bildgebung mittels Rasterelektronenmikroskop realisiert. Auf Basis der Bilder werden dann die volumetrischen Daten rekonstruiert. Eingesetzt wird hierbei ein U-Netz basiertes Segmentierungsmodell, um die definierten Klassen innerhalb des Kathoden-REM-Bildes zu unterscheiden. Um eine genaue Identifizierung der Komponenten zu gewährleisten, benötigt ein Segmentierungsnetz Trainingsdaten. Die manuelle Annotation hochauflösender Bilder ist jedoch sehr arbeitsintensiv. Mit Hilfe inkrementellen Lernens soll dieses Problem gelöst werden. Hierfür wird zunächst ein Grundmodell auf einem ersten Datensatz trainiert und verwendet, um Vorhersagen für Rohbilder zu treffen. Die Vorhersagen werden dann manuell überprüft und korrigiert, um die Grundannotationen zu erstellen. Dieser Prozess wird wiederholt und erweitert den Datensatz schrittweise. In diesem Fall werden insgesamt 60 REM-Bilder mit unterschiedlicher Auflösung annotiert und in Teilmengen aufgeteilt: 45 zum Trainieren, 15 zur Validierung und 5 zum Testen. Dabei werden die Trainingsbilder in Patches (256 x 256 Pixel) aufgeteilt, gemischt und in einer Stapelgröße von 16 verwendet. Das Training wird für 50 Epochen fortgesetzt und für jedes Modell der Dice-Wert als statistisches Maß für die Ähnlichkeit zwischen den Ergebnissen des Algorithmus und den Referenzdaten berechnet. Das Modell mit dem höchsten Dice-Wert während der Validierung wird für die Tests ausgewählt. Bild 1 zeigt eine Modellbewertung anhand von Testbildern und ungesehenen Daten zur Beurteilung des Modells.

Die Performance des automatisierten Kathodenbewertungsmodells auf dem Testdatensatz hat vielversprechende und überzeugende Ergebnisse erzielt, wie die Tabelle zeigt.

Nach den Vorhersagen für Testdaten werden klassenspezifische Masken analysiert, um Instanzen zu zählen und Größen zu messen. So lassen sich statistische Daten wie Größenverteilungen und Klassenverhältnisse ermitteln. Dabei lässt sich beispielsweise feststellen, ob NCM-Partikel während der Herstellung zerbrochen sind (Bild 2). Die Integration von maschinellem Lernen in die Kathodencharakterisierung und -optimierung bietet eine effiziente automatisierte Lösung für die Optimierung von Energiespeichersystemen. Dieser Ansatz hat das Potenzial, die Batterieindustrie zu revolutionieren, indem er Forschenden und Industriefachleuten ein wertvolles Werkzeug für eine schnellere und kostengünstigere Entwicklung von Energiespeicherlösungen an die Hand gibt.