Neuartige biogene Bau- und Konstruktionsmaterialien zur CO2-Fixierung

Forschung aktuell

© Fraunhofer IKTS
»Lebende« geschäumte Strukturkörper.
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Verfestigter biogener »Proteinstein«.
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Verfestigte AM-Struktur.

Lebende (Bau-)Materialien (LBM) können Kohlendioxid (CO2) gezielt aufnehmen und dieses in Carbonat bzw. Kalk (Calciumcarbonat, CaCO3 ) umwandeln. Das benötigte CO2 kann dabei sowohl aus der Atmosphäre aufgenommen als auch industriellen Prozessen entzogen werden. In den LBM enthaltene Mikroorganismen, wie Cyanobakterien, nutzen das CO2 zur Calciumcarbonat-Mineralisierung (MICP = microbially induced calcium carbonate precipitation).

Für die Mineralisierung und Verfestigung des Kalks zu biogenen Strukturen ist ausreichend Licht und Feuchtigkeit Voraussetzung. Denn nur so können die Mikroorganismen Photosynthese und damit MICP betreiben. Der biogene Kalk dient als Binderkomponente zwischen ausgesuchten Füll- und Zuschlagstoffen und bildet so die Grundlage für nachhaltige Bau- und Konstruktionsmaterialien. Diese können zukünftig, je nach Umsetzung, zu Land und zu Wasser verwendet werden. Perspektivisch sind auch Anwendungen im Weltraum denkbar.

Die Spielräume für diese vielseitigen Materialien und Materialkombinationen sind groß. Sie adressieren die essenziellen gesellschaftlichen Themen zur Treibhausneutralität in der Industrie, nachhaltiges Wirtschaften in Kreisläufen, Energie, Umwelt und Gesundheit.

 

Herstellung von Living Building Materials

Im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts »BioCarboMin« (FKZ: 13XP5162A) und des Fraunhofer-internen Projekts »BioCarboBeton« ist es gelungen, solch biogen verfestigte Strukturkörper herzustellen.

Erstmals können über die IKTS-Erfindung Gefrierschäumung, einfache Gusstechnologien oder auch additive Fertigung (AM) Strukturen hergestellt werden, die ein Überleben der Bakterien ermöglichen. Die durch Chlorophyll verursachte Grünfärbung beweist, dass die Mikroorganismen in der Struktur lebendig sind (Bild 1). 

Die gewählten Materialien und das Design der Strukturen sowie optimierte Mineralisierungsparameter (Belichtung, Temperatur und Feuchtegehalt) versetzen die lebenden Bakterien in die Lage, Calciumcarbonat bis hin zu verfestigten Komponenten zu bilden (Bild 2, 3). Zudem kann eine Art Premix hergestellt werden, der durch Mischen mit Lösungsmittel, wie Wasser, als potenzieller »biogener Mörtel« verwendet werden kann. 

In naher Zukunft soll das Überleben der Mikroorganismen gezielt gesteuert werden. Bisher werden die biogenen Komponenten durch Mikroorganismen erzeugt, die am Ende des Mineralisierungsprozesses absterben und als unbedenkliche Biomasse vorliegen. Der entwickelte Ansatz stellt eine Alternative zu konventionellen Zement- und Betonmischungen dar, bei deren Herstellung typischerweise tonnenweise CO2 aus dem Brennen von abgebautem fossilem Kalk erzeugt wird. Diese neuen biogenen Bau- und Konstruktionsmaterialien mit nachhaltiger CO2-Fixierung tragen daher doppelt zur CO2-Reduktion bei: während der Herstellung und während des Gebrauchs.

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